Von Saulgau über Hettstadt und Pattonville bis hin zu spektakulären Heliports am Mount Rushmore und im Zion National Park: Armins Portfolio an handgefertigten Szenerien ist ebenso vielfältig wie detailverliebt. In der FlightSim-Community ist er unter dem Namen Tumbleweed auf Flightsim.to längst kein Unbekannter mehr. Mit seiner ersten Payware-Szenerie unter dem Label HyperMonkey hat er nun auch im SimMarket einen erfolgreichen Schritt in die professionelle Entwicklung getan. Heute freuen wir uns, ihn hier bei simFlight.de begrüßen zu dürfen und mit ihm über seine bisherigen Projekte, seinen kreativen Prozess und die Zukunft der Szenerieentwicklung im Microsoft Flight Simulator zu sprechen.
simFlight: Hallo Armin! Wie bist du zur Flugsimulation und speziell zur Szenerieentwicklung gekommen?
Diese Frage mag ich besonders, obwohl meine Antwort ganz typisch für viele Biografien ist: Ich
beschäftige mich seit über 30 Jahren mit Flugsimulation, angefangen habe ich mit dem FS3,
dann kam der klassische Weg über FSX, P3D, X-Plane 11 bis hin zum MSFS. Nach der
anfänglichen Euphorie im MSFS hat mir aber irgendwann etwas gefehlt. Einerseits fühlte ich
mich beim Fliegen wie ein Konsument, der nie genug bekommt, andererseits waren viele
kleinere Plätze kaum wiederzuerkennen, im Kontrast zur tollen Grafik war das ein echter Bruch,
fand ich. Ich wollte meine Zeit irgendwann sinnvoller nutzen und etwas Eigenes schaffen, statt
nur zu konsumieren, und die Szenerieentwicklung war für mich genau der richtige Weg.
Also habe ich testweise einen Segelflugplatz, den ich gut kannte, mit Standardobjekten
verbessert und war überrascht, wie viel möglich war. Dann habe ich angefangen mich in
Blender einzuarbeiten, bin Stück für Stück weitergegangen, und plötzlich waren da zehn fertige
Flugplätze.
simFlight: Warum hast du dich besonders auf Helikopter- und kleine Flugplätze in
Deutschland und den USA spezialisiert?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Mein eigenes Interesse hat sich über die Jahre verändert: von
Kampfjets über Airliner hin zu Bizjets und inzwischen zu kleinen Flugzeugen und Helikoptern.
Die Kombination aus guter Flugphysik, toller Optik und vor allem VR macht GA- und vor allem
Helifliegen für mich heute spannender als je zuvor.
Gleichzeitig gibt es für große Airports meist mehrere gute Umsetzungen, für kleine dagegen oft
gar keine. Und kleine Plätze wirken im MSFS besonders seltsam, wenn dort 20-Meter-Hangars
und Bodenpersonal stehen. Für mich als kleiner Entwickler ist ein großer Airport noch dazu
kaum realistisch umsetzbar.
Und dann ist da noch meine persönliche Geschichte: Ich habe während des Studiums ein Jahr
im Südwesten der USA verbracht, die Landschaft und die dortige GA-Welt haben bis heute
einen starken Eindruck bei mir hinterlassen. Diese Stimmung wollte ich gern in den Sim
bringen. Gleichzeitig lebe ich im Südwesten Deutschlands, und durch lokale Kontakte, und die
Möglichkeit, mir vieles direkt vor Ort anzuschauen, kamen auch lokale Plätze in meinen Fokus.
simFlight: Wie läuft bei dir die Entwicklung einer neuen Szenerie ab – vom ersten Konzept
bis zur Veröffentlichung?
Organisiert-chaotisch. 🙂 Ich habe keinen festen Workflow, aber ein grobes Grundgerüst. Ein
neuer Platz entsteht entweder aus eigener Motivation oder weil mir jemand lokalen Zugang und
Hintergrundinfos liefert. Umsetzen tue ich nur Plätze und Orte, die bei mir ein gewisses
Interesse wecken und die ich selbst im Sim gerne anfliegen würde.
Am Anfang kommt das Scouting, da schaue ich mir den Ort grob an, im Hinblick auf
Besonderheiten, Gebäude, spezielle Objekte. Die Umsetzung läuft dann parallel: Modelle
erstellen in Blender, Bodentexturen, Vegetation, ich springe gern hin und her, um motiviert zu
bleiben. Den Anfang mag ich weniger, weil man lange keinen „Charakter“ sieht. Gegen Ende
macht es wieder Spaß, wenn sich abzeichnet, wie der Platz reift und erkennbar wird. Ab da
gebe ich erste Versionen an meine 1–2 Tester, um einen Blick von außen zu bekommen und
Fehler abzufangen. In der Regel ist ein guter Freund mein Haupttester, während der zweite
Tester oft der lokale Kontakt ist, der das Projekt ursprünglich angestoßen hat. So bekomme ich
zwei unterschiedliche Perspektiven auf die Szenerie. Irgendwann hake ich meine Feature-Liste
ab und ziehe einen Schlussstrich. Das finde ich wichtig, sonst würde ich immer weiterbauen.
Aber wenn alle geplanten Features drin sind, schließe ich ab. Die Veröffentlichung mache ich oft
recht schnell, weil ich neugierig bin, wie die Community reagiert.
simFlight: Wie entscheidest du, welche Orte du umsetzt und was macht für dich eine
„spannende“ Szenerie aus?
Da spielt viel Bauchgefühl mit. Ein Ort ist für mich spannend, wenn mindestens eines zutrifft: ein
reales Feature, das ich gern im Sim hätte – das können sogar Kleinigkeiten sein, so wie das
Helipad mit Steinumrandung in KGNT Grants-Milan, oder ein starkes Community-Interesse bis
hin zu Kultstatus, z. B. wie im Falle von EDTQ Pattonville, oder eine besonders interessante
Umgebung, wie bei Mt. Rushmore, Escalante, Zion Heliport.
simFlight: Was unterscheidet die Entwicklung eines Heliports von der eines klassischen
Flughafens?
Heliports sind für mich deutlich interessanter, weil sie extrem variabel sind. Flughäfen folgen
trotz aller Individualität durch beispielsweise besondere Terminalarchitektur immer einem festen
Muster: Runway, Taxiways, Aprons, Terminal, Hangars.
Touristische Heliports sind dagegen viel nahbarer, kompakter und oft komplett unterschiedlich:
manchmal gibt es gegossene Betonplatten, woanders aufgeschüttete Grashügel, und dazu
extrem diverse Umgebungen, wie z.B. Gebäude, Zäune, Parkplätze. Für jedes Projekt muss ich
in der Umsetzung anders herangehen.
Offizielle Quellen wie Charts fehlen meist, dafür gibt es online sehr viel Bild- und Videomaterial ,
das allerdings oft über viele Jahre entstanden ist, so dass ich zusätzlich eine „Zeitachse“
mitdenken muss. Es ist jedes Mal ein Puzzle, bis ich den Ort wirklich verstanden habe.
simFlight: Wie gehst du mit Änderungen durch Sim-Updates und den technischen Grenzen
des MSFS um?
Ich war mit Freeware-Updates bisher nie besonders tagesaktuell, hatte aber auch kaum
technische Probleme. Was sich mit Sim-Updates manchmal ändert, sind die Luftbild- und
Boden-Basisdaten oder neue Photogrammetrie, und das erfordert dann Anpassungen, wie jetzt
z. B. bei Pattonville. Je größer mein Portfolio wird, desto aufwändiger ist es natürlich, alles
aktuell zu halten. An technische Grenzen bin ich bisher kaum gestoßen. Ich halte meine
Szenerien generell schlank, experimentiere aber bei Bedarf auch mit komplexeren Modellen,
besonders in dünn besiedelten Gegenden, wo die Performancegrenzen weit weg sind.
simFlight: Wie entscheidest du, ob ein Projekt Freeware oder Payware wird?
Mein Schwerpunkt liegt inzwischen eher auf Payware, aber ich werde weiter auch Freeware
machen. Der Grund für die Payware-Erweiterung ist simpel: Freizeit ist knapp, und wenn ich
mehr Zeit in Szenerien investieren möchte, muss ich perspektivisch auch mehr Zeit dafür
freischaufeln, im Idealfall durch weniger Arbeitszeit im Hauptjob.
Der Freeware-Ansatz eignet sich für kleinere, kompakte Projekte oder einzelne POIs. Für
Payware braucht es dagegen einen gewissen Qualitätsstandard, komplett ohne externe
Libraries und mit einem gewissen Umfang. Wenn ein Platz auch in der Realität sehr simpel ist,
bleibt er ebenfalls Freeware.
simFlight: Auf welches deiner bisherigen Projekte bist du besonders stolz und warum?
Natürlich auf Zion Heliport, mein erstes Payware-Addon. Noch mehr aber auf KAEG Double
Eagle II (Albuquerque), weil ich diesen Platz schon in der Realität erlebt habe und es zuvor in
keinem Simulator eine vernünftige Umsetzung gab. Als ich mit dem Szeneriedesign begonnen
habe, lag eine Umsetzung noch weit außerhalb meiner Fähigkeiten, und genau deshalb freut es
mich umso mehr, dass ich den Platz heute in meiner eigenen Umsetzung im Sim nutzen kann..
simFlight: Was erwartest du dir von der Zukunft der Szenerieentwicklung im MSFS (2024)?
Was sollte sich ändern?
Ich sehe den Trend, immer mehr echte Physik zu nutzen statt Tricks und Animationen:
Lichtquellen werden schon heute physikalisch berechnet, ich hoffe deshalb z.B. auf echte
Berechnung von Windsäcken und Fahnen auf Basis von spezifizierten Materialparametern. Das
liegt mir mit meinem naturwissenschaftlichen Background sehr viel näher als reine
Animationsarbeit. PBR-Texturen sind inzwischen ja auch Standard, also Oberflächen mit
physikalischen Eigenschaften wie Rauheit oder Normalenvektor, also der räumlichen Richtung
eines eigentlich flachen Oberflächenpixels.
Was ich mir wünsche: dynamische Verschmutzung auf Gebäuden (aktuell ziemlich mühsam,
auch wenn es inzwischen bessere Techniken dafür gibt wie Decals), und eine größere Auswahl
an Standardobjekten, die auch besser dokumentiert sind. X-Plane macht es ja vor und
kommuniziert sehr offen über neue Assets, das wäre auch für MSFS hilfreich.
simFlight: Welchen Rat würdest du jemandem geben, der anfangen möchte?
Am besten klein anfangen. Kein Mammutprojekt aussuchen, sondern etwas, das mit
überschaubarem Lernaufwand machbar und vor allem abschließbar ist. Schritt für Schritt
dazulernen, und sich über kleine Erfolge freuen, alleine das erste eigene Blender-Modell im Sim
zu sehen, ist schon ein tolles Erfolgserlebnis. Kurz gesagt: Einfach mal machen!
simFlight: Kannst du schon verraten, was als Nächstes kommt?
Ohne die aktuelle Roadmap ganz offenzulegen: dieses Jahr möchte ich ein größeres
Pattonville-Update fertigstellen, das bleibt Freeware unter Tumbleweed.
Für nächstes Jahr ist bei HyperMonkey eine Helikopter-Spielwiese geplant, die in
Zusammenarbeit mit einem Content-Creator entsteht, sowie mein erster deutscher
Payware-Flugplatz, der -soviel sei gesagt- auch ziemlich relevant ist für die Heli-Fliegerei.
Danach folgen ein bis zwei Projekte in Kalifornien: ein kleiner Platz als Freeware (H47
Hyampom) und zwei größere Kandidaten als Payware.
Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wir sind sehr gespannt auf alles was kommt, im Freeware als auch im Payware-Bereich.
Alles Gute für die Zukunft!
Schaut unbedingt bei Armin vorbei auf Flightsim.to ….

…. und bei SimMarket.
