Review: Corfu X von Aerosoft

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Während wirtschaftlich und politisch derzeit beim Namen Griechenland überall besorgte Gesichter zu sehen sind, gibt es andererseits in Sachen Flugsimulation allen Grund zur Freude. Das Jahr 2011 beschert dem FSX für diese Region einige Neuzugänge, die es wert sind, genauer betrachtet zu werden.
Wenn FlyTampa eine Szenerie für Athen erstellt, weiß man eigentlich schon vorher, dass es sich hierbei um eine solide Umsetzung handeln wird. Bei weniger bekannten Designer-Teams lohnt es sich hingegen, einen eventuellen Fehlkauf durch vorherige Begutachtung zu umgehen. Bereits im Frühjahr hat unser Chefredakteur Holger Kistermann die Korfu-Szenerie vom Greek Airports Project unter die Lupe genommen. Jetzt hat “LiVEinFSX” ebenfalls eine komplett neue Version von Korfu veröffentlicht, die von Aerosoft vertrieben wird.
Für einige ist es schlichtweg Ressourcenverschwendung, andere schätzen die Qual der Wahl und suchen für den eigenen Geschmack und Geldbeutel das beste Produkt. Darum hat Frank Schmidt der neuen Corfu X Szenerie unter die Haube geschaut – um herauszufinden, ob sich die Anschaffung lohnt, sollte man …

Ein paar Worte vorweg

Zunächst ein paar wenige Worte zur Insel und Region. Korfu liegt im Ionischen Meer, unterhalb des Absatzes vom italienischen Stiefel, ganz im Nordwesten Griechenlands. Es ist die siebtgrößte Insel des Landes, die im Norden mit nur zwei Kilometern Abstand an die albanischen Küste grenzt. Die Insel ist mit knapp 600 Quadratkilometern nicht sonderlich groß, vergleichbar mit Ibiza oder Menorca. Sie hat 113.000 Einwohner, plus die zahlreichen Touristen, die in den Sommermonaten auf dem Luft- oder Seewege dort einfallen.

Kauf und Installation

Die Szenerie kann bei Aerosoft oder im simmarket für 17,95 Euro erworben werden und ist derzeit ausschließlich als Download erhältlich. Dieser liegt mit 405 MB im erträglichen Bereich – installiert beansprucht Corfu X ca. 520 MB Speicherplatz auf der Festplatte.
Die Installation läuft nach dem üblichen Verfahren bei Aerosoft ab. Das Setup verlangt nach der E-Mail-Adresse, die im Shop verwendet wurde, und der dazu gehörigen Seriennummer. Achtung: diejenigen, die unter “Launchophobie” leiden, sollten das Produkt meiden. Alle anderen, die nicht wissen was das ist, oder dagegen immun sind, müssen im Anschluss an die Installation die Szenerie mithilfe des Aerosoft Launchers registrieren. Der Launcher wird – falls noch nicht vorhanden – während des Setups gleich mit installiert. Die Anmeldung von Corfu X in der FSX Szenerie.cfg erfolgt ebenfalls automatisch.
Im Aerosoft Bereich finden sich nach der Installation im Ordner “Corfu X” das Handbuch sowie ein kleines Tool mit dem Namen “Corfu X Manager”. Das Handbuch enthält die üblichen Infos zu den Einstellungen des FSX, zur Installation und den Einstellungsmöglichkeiten des “Corfu X Managers”. Dieser ermöglicht das Ein- und Ausschalten einiger optischer Verbesserungen (höher aufgelöste Runway-Texturen, 3d-Gras, Licht- und Spiegel-Effekte) sowie der Apron-, Fahrzeug- und Bootsanimationen.
Gänzlich vermisst habe ich hingegen passende Charts für den Airport. Das Handbuch rät zur Suche bei Google, was prinzipiell auch zum Erfolg führt, aber nicht gerade kundenfreundlich ist. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, wo umfangreiche Chartsammlungen (in der Box sogar in gedruckter Form) bei Aerosoft fester Bestandteil des Lieferumfangs war.

Corfu X im FSX

Natürlich kann man die Insel sofort erkunden indem man sich dorthin versetzt und sich die Umgebung ansieht. Ich finde es aber wesentlich schöner, wenn man sich das Ziel “erfliegt” und deshalb habe ich mich ins Cockpit einer Boeing 737-800 geschwungen und auf den Weg nach Korfu gemacht. Nach einem knapp dreistündigen Flug taucht schließlich die Insel Korfu am Horizont auf.

Der erste Eindruck ist schon mal toll, denn bei Erreichen der Insel hat man die Reiseflughöhe längst verlassen und die Fototexturen der Szenerie verleihen der Insel ein sehr realistisches Aussehen. Leider kann ich den Anblick nicht allzu lange genießen, denn die Insel ist recht klein und somit muss man sehr rasch mit den letzten Handgriffen für die Landung beginnen.

Diese hat es ohnehin in sich, denn Korfu verfügt nicht über komfortable ILS-Landeanflugverfahren, sondern verlangt vom Piloten überwiegend manuelles Fliegen. Die vorherrschenden Windverhältnisse sorgen diesmal für einen Anflug auf die Piste 35, für die ein VOR DME Approach veröffentlicht wurde. Hierbei fliegt man zunächst auf den Airport zu und dreht bei Erreichen von 4500 Fuß und des VORs auf Kurs 147 Grad. Nach einem Sinkflug auf 2900 Fuß und einem Abstand von 9 NM zum VOR dreht man nach rechts auf Kurs 346 Grad zum Endanflug.
Dabei fliegt man die ganze Zeit entlang der Küste, bis man schließlich im kurzen Endteil des Landeanflugs die Mäuseinsel und die Klosterinsel Vlacherna überfliegt – beide sind wunderschön in der Szenerie umgesetzt.

Viel zu schnell rauscht die liebevoll gestaltete Landschaft an einem vorbei und man hat bereits die Piste unter den Rädern. Die Länge von 2373 Metern ist ausreichend, lässt aber mit einem vollbesetzten Urlaubsbomber nur wenig Spielraum für suboptimale Anflüge…
Wurde hingegen alles richtig gemacht, kann man nach gut der Hälfte der Piste diese über den Taxiway Charly Richtung Vorfeld verlassen. Verfahren kann man sich dort eigentlich nicht, denn es gibt gerade einmal 10 Parkpositionen, von denen nicht mal alle für Jets geeignet sind. Die Gates sind allesamt ohne Passagierbrücken – auf Korfu wird mit dem Bus zum Terminal gefahren.
Somit schmerzt es auch nicht, dass Corfu X zunächst noch ohne AES-Unterstützung ist; lt. Aerosoft soll diese jedoch mit dem nächsten Update von AES folgen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese aufgrund des sehr geringen Aufwandes bei diesem Airport vielleicht sogar “für lau” geliefert wird.
Ist der Flieger schließlich geparkt, wird es Zeit, sich einmal näher umzusehen. Aus dem Cockpit eines Dickblechfliegers hat man gar nicht die Möglichkeit, alle Details dieses Anflugs zu genießen. Denn wie gesagt, der Anflug erfolgt überwiegend manuell und erfordert die volle Konzentration des Piloten. Begibt man sich später auf Entdeckungstour innerhalb der Szenerie, wird der volle Umfang an Details erst sichtbar.

Ioannis Kapodistrias Airport (LGKR)

Die Designer von Corfu X haben sich wirklich sehr viel Mühe gegeben, die letzten Meter vor der Piste äußerst detailliert und stimmungsvoll wiederzugeben. Die Piste ragt auf dieser Seite bis fast ans Meer, die Anflugbefeuerung steht dabei bereits im Wasser. Mitten hindurch führt ein schmaler Damm, der zwei Landzungen miteinander verbindet und bei Spottern sehr beliebt sein dürfte. Das Ganze wurde belebt mit ein paar Menschen, die dort Zeitung lesen oder nach Flugzeugen Ausschau halten. Aber auch die Umsetzung des Klosters sowie die nahegelegenen Hotelanlagen verdienen Beachtung. Überall gibt es kleine Details zu entdecken wie beispielsweise Liegestühle oder ähnliches.
Links und rechts neben der Piste stehen Fischernetze im Wasser und die Ränder der Bahn sind mit 3D-Gras bewachsen. Diese liebevollen Details wecken Erinnerungen an St. Maarten oder St. Barth von FlyTampa.
Das andere Pistenende, das zur Stadt hin ausgerichtet ist, hat ebenfalls eine Besonderheit zu bieten. Die nahe an der Piste vorbeiführende Straße wird nämlich bei vorherrschendem Flugbetrieb kurzfristig für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Dies geschieht – ganz und gar unspektakulär – mittels einer Verkehrsampel. Eigentlich eine ideale Spielwiese für Oliver Pabsts AES light, aber der Mann kann ja nicht überall seine Finger drin haben. In der Szenerie wurde trotzdem, wenn auch nur statisch, die Situation nachgebildet. An der rot leuchtenden Ampel warten geduldig einige Autos darauf, dass es weitergeht.

Doch zu einem Flughafen gehört nicht nur eine Piste, sondern auch Abstellflächen und Gebäude. Es gibt nicht wirklich viele davon, dennoch erkennt man einen alten und einen neuen Bereich. Gegründet wurde der Flughafen 1937, der kommerzielle Flugbetrieb läuft seit 1949. Damals war die Piste nur 800 Meter lang und der Airport wurde anfangs höchstens mit DC-3 Maschinen angeflogen. Von 1957 bis 1959 begann der Ausbau der Landebahn auf die heutige Länge von 2373 Metern und im Jahr 1962 wurde das erste Terminal errichtet. Bereits sechs Jahre später begann man mit dem Bau eines neuen, größeren Terminals, das schließlich 1972 eingeweiht wurde. Das alte Terminal wird heute vom Corfu Aeroclub genutzt, außerdem hat Olympic Airways dort ein Warenlager.
Die wenigen Gebäude wurden in der Szenerie recht ansprechend umgesetzt, die Texturen sind photorealistisch und wurden teilweise nachbearbeitet. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Drumherum gibt es zahlreiche Fahrzeuge, Treppen, Busse und ähnliches Beiwerk, die für eine betriebsame Atmosphäre sorgen. Einiges wurde animiert, was zusätzlich für Leben sorgt.
Sämtliche Beleuchtung ist dreidimensional vorhanden. An den großen Lichtmasten und an den Jet-Blast-Zäunen wurden zudem Schattierungen auf die Bodentexturen gezeichnet, sodass diese nicht so künstlich aufgesetzt wirken. Alles in allem ein kleiner, aber feiner Airport, der nichts vermissen lässt.

Die Stadt Kerkyra

Die an das Airportgelände direkt angrenzende Stadt Kerkyra ist die Hauptstadt Korfus und hat rund 40.000 Einwohner. Die Zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt finden sich zum Teil ebenfalls in der Szenerie wieder. Die alten Festungsanlagen sind zu ebenso zu erkennen, wie einige andere markante Gebäude der Stadt und der große Hafen. Alles ist stimmig zu dem darunter liegenden Luftbild, das durch seine recht hohe Auflösung weitere Details der Stadt parat hält.

Die restliche Insel

Da ja bekanntlich die gesamte Insel mit Phototexturen bedeckt ist, lädt dieser Umstand förmlich zu einem Inselrundflug ein. Also schnell mal umsteigen in einen Kolbenschüttler und auf geht’s zum Rundflug.
Die Insel ist entlang der Küste innerhalb einer guten Stunde schnell umrundet. Abseits von Kerkyra und dem dazugehörigen Airport ist die Auflösung der Phototexturen jedoch nicht ganz so hoch, sodass sich zwar einzelne Ortschaften erkennen lassen, aber das Auffinden der letzten Urlaubsbehausung wohl eher zum Scheitern verurteilt sein dürfte. Außerdem gibt es außerhalb des Stadtgebietes von Kerkyra und entlang der Einflugschneise zum Airport keinerlei Autogen-Objekte, sodass der Flug über das Inselinnere eher langweilig ist. Wer nicht gerade absoluter Korfu-Fan ist, dürfte nach einmaliger Umrundung der Insel kaum den Drang zur Wiederholung verspüren.

Fazit

Im letzten Jahr war für mich der Bilbao Airport von Tropical Sim das Überraschungs-Highlight, in diesem Jahr geht diese Auszeichnung wohl an Corfu X von LiVEinFSX. Damit ist nicht etwa gemeint, dass es das beste Szenerie-Addon für mich ist, sondern eher, dass hier ein Produkt erschienen ist, was nach den ersten Screenshots zunächst recht ansprechend aussah und sich bei näherer Betrachtung als echte Perle entpuppte. Gründe dafür sind nicht nur anständiges Szeneriedesign, sondern der Gesamteindruck, den die Szenerie hinterlässt.
Neben einer handwerklich soliden Szenerieumsetzung glänzt Corfu X noch mit einigen Herausforderungen, die das reale Vorbild bereits mit sich bringt. Die Landschaft Korfus bietet den Piloten einige äußerst interessante An- und Abflugverfahren, die man ansonsten eher selten vorfindet. Hinzu kommt, das Korfu nur über rudimentäre Navigationseinrichtungen verfügt, die überwiegend händisches Fliegen und somit eine gewisse Beherrschung des Flugzeugs verlangt.
Gerade dieser Umstand macht den Flug von und nach Korfu zu etwas Besonderem. Wenn dann, wie im Fall von Corfu X, auch noch die Szenerie reizvoll ist, dann entwickelt sich eine solche Szenerie schnell zu einem Lieblingsziel. Wer gern Touristenbomber von A nach B fliegt, macht mit der Investition in Corfu X nichts verkehrt. Fans von VFR Szenerien, die eine neue Herausforderung für Sicht- und Erkundungsflüge suchen, sollten hingegen gut überlegen, ob Corfu X das richtige für sie ist. Die Gegend um den Airport herum ist nett gestaltet, außerhalb des Stadtgebiets herrscht hingegen eher Tristesse. Hier gibt es sicherlich interessantere Szenerien am Markt.

 

PRO CONTRA
  • Vollständige Abdeckung der gesamten
    Insel mit Phototexturen
  • Hochdetaillierter Airport und
    ansprechendes Abbild der Stadt
  • Viele kleine Details auf dem gesamten
    Airportgelände
  • AI-Traffic mit Fahrzeugen,
    Schiffen und Booten
  • Gute Performance
  • Fehlendes Autogen abseits
    des Flughafens und der Stadt
  • Kein Kartenmaterial für
    Korfu im Lieferumfang
INFORMATION TESTSYSTEM
  • Intel i7-2600k @ 4 GHz
  • 8GB RAM
  • Geforce GTX570 1280 MB
  • Windows 7 Home Premium

Frank Schmidt

10 Comments
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Immanuel
Immanuel
12 Jahre zuvor

Obwohl ich die “Touristenbomber” mittlerweile eher meide kann ich dem positiven Resumè von Frank nur vollstens anschliessen. Bleibt zu hoffen, dass nun noch mehr griechische Inseln umgesetzt werde. Schöne Anflüge gibt es auch dort zu Hauf (Samos, Mikonos, Skiathos, …). Sehr gutes Review – vielen, vielen Dank dafür!!! 😉

David
David
12 Jahre zuvor

Sehr schönes Review, Frank!

Dein Treibstoff war ja, wie auf den Bldern zu sehen, sehr gut berechnet. Benutzt du dazu ein Tool?

Frank
Frank
12 Jahre zuvor

Hallo David,

ich benutze zur Treibstoffberechnung (und nicht nur dafür) schon seit langer Zeit FSBuild 2.4. Da das Programm auch die Wetterdaten berücksichtigt, ist die Spritberechnung sehr zuverlässig. Gruß Frank

Whiggy
Whiggy
12 Jahre zuvor

Ich hab jahrelang FSBuild verwendet und bin seit Kurzem auf vroute premium umgestiegen. Das berücksichtigt auch die Winde und ist um einiges konfortabler im handling.

Stefan B
Stefan B
12 Jahre zuvor

Respekt, Kollege! Tolles Review. Werde mir den Platz gerne gönnen.

Danke für Deine Arbeit.

Gruß

Stefan

flusifrager
flusifrager
12 Jahre zuvor

Hi,schön geschrieben bis auf das mit der “Launchophobie”.
Wenigstens in “”, weil in der Psychologie eine Phobie eine krankhafte Angst ist. Hier gibt es ja auch sachliche Gründe gegen diesen Teil des Verfahrens.

Gruß Dirk

Alexander M. Metzger
Alexander M. Metzger
12 Jahre zuvor

Der Bericht trifft sehr genau auch meinen Eindruck. Schade dass für die Insel kein höher aufgelöstes Luftbild verwendet wurde. Das hätte der reizvollen Landschaft gut gestanden und VFR Fliegern eine tolle Szenerie beschert.

Lennart
Lennart
12 Jahre zuvor

Schönes Review! Nur in echt ist der Airport noch ein bischen schöner, besonders wenn zahlreiche 767 und 757 der Engländer eintrudeln 😀

Manu
Manu
12 Jahre zuvor

Hallo!

Wann können wir mit dem Vergleichstest zwischen PMDG und iFly rechnen?

Stefan B
Stefan B
Beantworten  Manu
12 Jahre zuvor

Bald. Sehr bald.

Gruß

Stefan