Review: Ariane 737-800 X2

ariane_intro738Ariane – kaum ein anderer Hersteller in der Flusi-Szene ist so umstritten. Die Frage „Soll ich mir die Ariane holen?“ sorgt in fast jedem Forum für eine längere Diskussion, die dann nicht selten weniger rational geführt wird. Mit dieser Rezension untersuchen Holger Kistermann und Ingo Voigt diesen Mythos am Beispiel des jüngsten Sprosses aus der Ariane Familie – die B737-800X2.



Review Ariane B737-800 X2

Um sich einem komplexen Addon im Rahmen einer Rezension zu nähern, ist es sinnvoll, dieses zunächst in das globale Marktgeschehen einzuordnen. Die erste Feststellung fällt sehr leicht: Es gibt per heute keine andere komplexe Boeing 737-800 für den FSX! Und noch weiter gefasst: Es gibt auch keinen umfangreichen Kurz- und Mittelstreckenjet, wenn man von Wilcos performancehungriger und aus dem FS2004 portierter A320- bzw. 737-Classic-Reihe oder Digital Aviations unglücklicher Fokker 70/100, weil immer noch ohne 3D-Cockpit, einmal absieht. Zwar gibt es scheinbar eine ganze Reihe von Entwicklerteams, die seit Jahren ambitionierte Projekte für dieses Marktsegment ankündigen, doch bis jetzt ist schlichtweg gar nichts geschehen. Insofern ist es geradezu eine Wohltat, dass Ariane nach einer rein für den FSX codierten 737-900ER nun auch die 737-800 nachschiebt.

Woran mache ich fest, dass ein Add-On gut ist?

In letzter Zeit irgendwie meine Lieblingsfrage; sie ist auch meines Erachtens immens wichtig zu klären. Viele User werden im ersten Moment sagen “an der Tiefe der Systemsimulation” – und noch viel mehr werden sich jetzt ertappen, innerlich zu nicken.

Das sehe ich anders – ein gutes Add-On ist ein Add-On, das hält was es verspricht.

Dabei muss man differenzieren zwischen Beschreibung und Preisgestaltung. Mit beidem beeinflusse ich als Verkäufer sehr stark, wer mein Produkt kauft. Mache ich mein Produkt teuer, kann ich davon ausgehen, dass nur Liebhaber dieses Produkt kaufen werden. An der Beschreibung muss sich dann messen lassen, wie gut die Umsetzung gelungen ist. Zu gerne denkt man sich „für die PMDG 747 zahle ich 50€ und habe dafür eine komplette Systemsimulation“ – warum also noch mehr Geld für ein womöglich halbgares Produkt bezahlen? Doch genau hier muss man trennen – erstens werden die beschriebenen Eigenschaften auch wirklich geliefert, also stimmt die Beschreibung?

Zweitens: Ist es mir das wert? Mit einem hohen Preis filtere ich mir sozusagen die Liebhaber heraus, bei denen ich davon ausgehen kann, dass sie sich auch tief in das Produkt einarbeiten. Und genau das ist wichtig bei den Ariane-Fliegern. Nach den ersten Flügen dachte ich mir, dass die Rezension einfach ist, eigentlich fertig ist und „schade für Ariane“ … glücklicher Weise für uns beide bin ich noch ein bisschen öfter geflogen und habe auch angefangen mich in das Produkt tiefer einzuarbeiten. Dieser Punkt war immens wichtig – ab hier habe ich begriffen, das die Ariane Flieger derzeit noch in gewisser Weise Baustellen sind, positiver formuliert stehen sie in stetiger Entwicklung und dass sie ihre eigene Philosophie der Simulation haben, für die es stellen weise unabdingbar ist, dass man sich an die vorgeschrieben Procedures hält (scheiße, doch das Handbuch lesen …).

Wie ihr merkt, kann ich mich einem gewissen Charme nicht entziehen – mir gefällt die Ariane und ich muss zugeben, dass mir diese Rezension damit schwerer fällt, da systemseitig noch einige Punkt offen sind, die in jedem Forum sofort verrissen würden. Dafür steckt der Teufel, nein, eher die Liebe, sehr oft im Detail und wenn man sich auf die Ariane einlässt entwickelt sie einen ganz eigenen Charme und für mich als Rezensenten läuft es darauf hinaus, das ich im Folgenden die Umsetzung von Ariane vorstellen werde, aber die Antwort auf die Frage, ob einem potentiellen Käufer das Produkt der Preis wert ist, werde ich bewußt offen lassen, da diese Entscheidung jeder selbst treffen muss.

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Was wird von Ariane angepriesen?

Für knappe 70 englische Pfund (stolze 81€) gibt es die Ariane 737-800X2 bei Ariane direkt, oder für 70€ im simMarket. Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der Download noch keine Repaints beinhaltet und bei Ariane dieses Thema anders gehandhabt wird als bei anderen Herstellern. Es gibt in der Regel keine freien Liveries für die Ariane herunterzuladen, da man auch hier ein anderes Konzept verfolgt. Wer bei Ariane ein Repaint kauft, bekommt mehr als nur die Texturen. Es werden hier die unterschiedlichen Charakterstika der jeweiligen Airline berücksichtigt, beispielsweise die Triebwerksleistung, die der Kunde gewählt hat. Für 20€ bekommt man ein Airline Expansion Pack mit 8 umgesetzten Airlines. Man mag hier vielleicht geneigt sein, mit dem Finger an die Stirn zu tippen, aber nachdem ich mich inzwischen ein Stück weit auf die Ariane-Welt eingelassen habe, fange ich an, diesen Ansatz langsam zu verstehen. Nichtsdestotrotz würde ich es anders handhaben, aber diese Entscheidung liegt ja bei jedem selber.

Die Produktseite wirbt mit folgendem Text

  • New – Two Aircraft in Base Pack – Classic and New Version
  • New Exterior and Interior 800 Model with Galley
  • New Unique, Three-Part Flight Fdx
  • New Flight Deck Arrangement and detailing
  • New Interior Lighting Arrangements and sounds
  • New Multiple Views (all access. from Flight Deck)
  • (Captain, FO, FWD OH, AFt Elec. Jump Seat & Galley viewpoints)
  • New Wing and Cam Views
    (2 wing FWD, 2 wing AFT, 2 Eng Views, FWD Nose and Gear Views)
  • New Engine Variants (4 different engine types possible)
  • New Comprehensive Airline Expansion Packs (Separate Purchases)
  • New Synchresis II Sound Effects Package with over 1500 sound assigns
  • New Advanced FMS Logic and highly advanced and evolved FMC.

Im Laufe der Rezension werde ich versuchen auf die Punkte einzugehen. Zuerst einmal legt Holger vor.

„Simplifizierung“ ist ein ganz großer Trend, der sich bei kommerziellen Flugzeug-Addons in den letzten Jahren erfolgreich etabliert hat. Ich persönlich bin auch regelrecht froh darüber, dass es Hersteller wie beispielsweise CLS gibt, die sich ganz bewusst an Flight Simulator Neulinge mit Produkten wenden, die eine vergleichsweise geringe Komplexität haben. Dafür aber mit erstklassigen Modellen ausgestattet sind und über eine Systemsimulation verfügen, die einen großen Schritt über jene der im Flight Simulator standardmäßig enthaltenen Flieger hinaus geht. Denn das ist Nachwuchsförderung – mit diesen Produkten werden aus Gelegenheitsfliegern Enthusiasten, die, wenn sie Blut geleckt haben, sich komplexere Airliner in den Hangar stellen und irgendwann vielleicht sogar in der Königsdisziplin, Stichwort „Arbeitsplatzsimulation“, ankommen.
Ariane-Produkte folgen dieser Logik und stehen irgendwo im Mittelfeld zwischen Einsteigermodellen und der Königsdisziplin. Das ist wichtig zu wissen, wenn man mit dem Gedanken spielt, sich mit der diesem Review zu Grunde liegenden Boeing 737-800 anzufreunden. Der Kunde bekommt ein Flugzeug, das ihn als Einsteiger vor eine gewisse Herausforderung stellen wird. Doch keine Sorge: Das umfangreiche und sehr verständlich geschriebene Handbuch hilft dabei wunderbar, diesen Jet zu fliegen. Gestandene Profis werden hingegen manche Systemsimulationen vermissen – sie werden aber keinesfalls sagen „ach, das ist Mist!“. Eher werden sie dieses Addon für den entspannenden Feierabendflug zu schätzen wissen. Und davon einmal abgesehen: Es gibt auch über die Systemsimulation hinaus eine Daseinsberechtigung im Flight Simulator haben – und zwar die…

Äußere Werte

„Mann“ soll nicht nur nach den äußeren Reizen gehen… – doch bei der Ariane 737-800 fällt es sehr schwer, ihrem Charme zu widerstehen: Zu schön ist das Außenmodell designt. Natürlich steht und fällt das Fight Simulator Modell mit der Schönheit der realen Vorlage, die in diesem Falle ja sehr gefällig proportioniert ist. Aber es ist dennoch eine hohe Kunst, die Maschine dann auch so wohl geformt für den Flight Simulator umzusetzen. Die Ariane Crew hat es jedenfalls gut geschafft. „Schön“ ist aber manchmal nicht gut genug, wenn man bei Äußerlichkeiten punkten will. Hier sei vor allem auf die zahlreichen Effekte am Außenmodell hingewiesen. Seien es das dezente Durchbiegen der Tragflächen unter Last, das weich animierte Fahrwerk oder die fluoreszierenden Positionslichter, deren Lichtschein sogar vom Boden reflektiert wird. Der Drehstuhlpilot hat über das Addon-Menü im Flight Simulator die Möglichkeit, sämtliche Türen, Frachtluken und die Airstairs, das sind in dem Flugzeug integrierte ausfahrbare Treppen, zu bedienen. Wer noch mehr Wert auf Eye-Candy legt: Auch die Ground Power Unit, Triebwerksabdeckungen, die Wheelchocks und die Gear-Pins lassen sich zu- und abschalten. Es ist im Grunde genommen völlig egal, ob ein Addon über solche Features verfügt. Es zeigt mir aber, wie konsequent das Ziel verfolgt wird, die schönste Airliner-Simulation zu designen. Und auch dafür gibt es ja einen Markt.

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Standardmäßig wird die Boeing 737-800 völlig nackt ausgeliefert, also so, wie sie das Boeing-Werk in Seattle nach der technischen Abnahme verlassen würde. Erst dann folgt die kundenindividuelle Lackierung. Wem die Bemalung egal ist, für den mag das bereits ausreichen. Und nebenbei gesagt: Soooo wahnsinnig schlecht sieht die nackte 737-800 auch gar nicht aus. Auf die Dauer ist diese „Nacktheit“ nur äußerst langweilig. Wer es authentisch mag, kommt eigentlich gar nicht drum herum, sein Sparschwein noch einmal für die Bemalungen zu plündern. Was man allerdings für sein Geld bekommt, ist durchaus sehenswert: Die Bemalungen sind sehr detailliert, die Texturen hoch auflösend. Wie schön, dass die Texturen verwittert aussehen und nicht eben so glänzen wie bei der Werksauslieferung. Insofern sei ernsthaft interessierten Boeing-Enthusiasten empfohlen, auch das etwas über 20,- € teure Airline-Upgrade zu kaufen.

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Auf die inneren Werte kommt es an…

Gemeint ist der Arbeitsplatz, das virtuelle Cockpit. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Ein 2D-Panel gibt es nicht (mehr). Wer also immer noch nicht auf ein 2D-Panel verzichten kann, möge also bitte auf dieses Produkt verzichten und braucht nicht mehr weiter lesen. Allen anderen sei gesagt, dass dieses 3D-Cockpit sicherlich zu den besten derzeit am Markt erhältlichen Cockpits gehört. Alle Proportionen sind absolut stimmig; Ariane wirbt ja damit, dass sowohl Außen- und Innenmodell anhand realer Baupläne von Boeing designt wurden. Wir können das nicht nachprüfen, glauben es aber angesichts des stimmigen Gesamteindrucks gerne. Das gesamte Cockpit ist mit mittelhoch auflösenden Texturen ausgestattet. Es sind also nicht mehrere Megapixel hoch auflösende Texturen wie bei manch anderem Addon, aber bei weitem auch kein Texturenmatsch. Man könnte es auch anders formulieren: Die Performance bleibt auf einem überraschend hohen Niveau!

„3D“ wird in dem Cockpit übrigens sehr wörtlich genommen. Und so gibt es eigentlich keine Schalter und Knöpfe, die nicht dreidimensional gestaltet sind. Das ist schön anzusehen. Vor allem bei Flügen in der Nacht, wenn die vielen 3D-Schalter passiv beleuchtet werden, beispielsweise vom Licht der Circuit Breakers. Insgesamt gibt es mehrere Lichtquellen im Cockpit, die je nach gewünschter Atmosphäre hinzugeschaltet werden können. Mir persönlich ist kein anderes Addon bekannt, das über eine solch gelungene Nachtbeleuchtung verfügt. Übrigens auch am Außenmodell, um dorthin noch einmal einen kurzen Exkurs zu machen.

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Im virtuellen Cockpit gibt es darüber hinaus auch noch verschiedene sehr weiche Animationen, die vom verstellbaren Pilotensitz über das sich öffnende Seitenfenster bis hin zum vollständig in 3D designtem Head-up-Display reichen. Es macht wirklich Spaß, die verschiedenen Systeme „anzufassen“ und auszuprobieren. „Probieren“ ist das richtige Stichwort, um die Bedienweise der verschiedenen Elemente zu einzustudieren. Generell ist es so, dass man alles über die linke oder rechte Maustaste klicken kann. Verschiedene Einstellungen, wie beispielsweise Speed, Course und Heading kann man auch über das Maus-Scrollrad steuern. Doch insbesondere bei diesen drei Drehknöpfen ist die Einstellgenauigkeit suboptimal – es ist schwierig, auf Anhieb den gewünschten Wert zu treffen.

Sound

Eine gelungene Soundkulisse macht unheimlich viel aus – viel mehr, als man denken mag. Denn der Sound begleitet einen vom Laden des Flugzeugs bis zum Beenden des Simulators und ist deswegen von psychologischer Wichtigkeit, wenn man sich in einem Flugzeug wohlfühlen will. Ob es der Außensound oder ob es die Innengeräusche mit dem Klacken der Schalter sind: Der Sound ist gut gelungen. Auch bei diesem Addon gilt: Je besser das angeschlossene Soundsystem, desto besser der Gesamteindruck. Schließlich wird hier viel mehr durch die Lautsprecher geschossen als monoton-piepsende VOR-Identifier. Außerdem haben die CFM-56b-Turbinen wunderbare Tiefen…!

Herz und Nieren: Die Systemsimulation

Die Systemsimulation der Ariane 737-800 X2 ist das schwere Kapitel. Hier zeigt sich viel Liebe fürs Detail, aber eben auch krasse – nun, wie nennt man das, ein Fehler ist es ja nicht, wenn ein System erst gar nicht simuliert ist – nennen wir es mal Nachlässigkeiten.

Zuerst sei einmal gesagt, dass ein der realen Ops nahe kommendes Fliegen mit der Ariane möglich ist. Bei der Bewertung muss ich in diesem Abschnitt aber ziemlich aufpassen, da es doch schlicht und ergreifend noch einige Unstimmigkeiten in den Systemen gibt.

Das Pressurization System für die Druckkabine ist schon mal gar nicht umgesetzt und auch was Autoflight angeht, zeigen sich ein paar Unstimmigkeiten. Mir fehlt bspw. Die Raute, die die vertikale Abweichung vom VNAV Descent Profil anzeigt Hier stellt sich aber die Frage, wie oft denn tatsächlich überhaupt gemäß errechnetem VNAV Path gesunken wird. Wahrscheinlicher ist, dass es gemäß Anweisungen von ATC und mit Flight Level Change geht. Dennoch fehlt es, wenn man die Vollständigkeit der Simulation bewerten möchte.

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Mir persönlich fehlen noch die “>” an der N1-Anzeige, die den eingestellten Schub anzeigen, oder auch die Trim Anzeige auf der Takeoff Page im FMC fehlt mir (Anzeige der einzustellenden Trimmung in Abhängigkeit der Schwerpunktlage). Die Anzeige der Fuel Prediction auf der Progress und der Legs Page sind auch noch Dinge, die aus meiner Sicht zur vollständigen Simulation fehlen und bei manchem Käufer sicherlich sauer aufstoßen.

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Ja, Ariane arbeitet an vielen Ecken und es bleibt zu erwarten, dass die Simulation kontinuierlich besser und vollständiger wird.

Es gibt ja auch viele Kleinigkeiten, die funktionieren, wie bspw. die max. N1 Anzeige, die je nach Authrottle Mode (Takeoff, Cruise, Climb, Toga) die maximal zulässige Triebwerksleistung N1 anzeigt. Das HUD ist auch so ein Feature, das mich begeistert hat. Gerade für komplexe Anflüge (bspw. Innsbruck der Circling Approach auf die 08) ist das HUD eine sehr gute Unterstützung. Was vom FMC umgesetzt ist finde ich so überzeugend, wie auch das Zusammenspiel von Autopilot, Autothrottle und Flugdynamiken. Das erscheint mir alles passend und gut umgesetzt.

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Die Bedienbarkeit der Systeme bleibt meines Erachtens dabei auch jederzeit erhalten – das FMC kann man bspw. Als 2d Panel aufrufen und dann ordentlich bedienen. Wer möchte kann es natürlich auch direkt im VC benutzen.
Die Bedienung der Schalter bleibt jederzeit konsistent (Funktionen linke und rechte Maustaste) und wechseln nicht, wie es bspw. Bei der 757 von Captainsim der Fall war.

Flugdynamiken

Die Bewertung der Flugdynamiken ist wieder ein sehr schwieriger Teil, allerdings aus anderen Gründen. Man kann jetzt mit der alten Litanei anfangen, dass selbst die großen Fullflightsimulatoren die Realität nur rudimentär abbilden, was das Flugverhalten angeht und sich so argumentativ den Boden unter den Füßen selbst wegziehen.

Natürlich habe ich keinen ATPL und bin auch noch nie eine NG in “Real-life” geflogen. Dagegen stehen dann wiederum 20 Jahre Erfahrung mit Flugsimulation, über 400.000 Flug-km als Passagier und viele Stunden davon in verschiedenen Cockpits und einige Stunden in Fullflightsimulatoren. Ich denke also, dass ich einschätzen kann, ob Flugdynamiken im Rahmen des Machbaren im FSX gut gelungen sind.

Meines Erachtens muss man hier auch zwei Themengebiete trennen – einmal das “Flying by numbers” also wie nahe kommt die Umsetzung an reale Performance-Daten (Stall-Speeds, Spritverbrauch, Takeoff- und Landing-Distances) und eben das “Look and feel”, also der stark subjektive Eindruck ob die Flugdynamiken zum umgesetzten Muster passen. Letzteres ist für die Ariane 737-800 aus meiner Sicht hervorragend gelungen. Die Maschine liegt gut in der Hand, reagiert sauber und mit der richtigen Mischung aus Trägheit und Spontaneität auf Steuereingaben und erzeugt so eine sehr dichte Atmosphäre.

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Auch die “Numbers” stimmen für die Ariane weitesgehend. Zu bemerken ist noch einmal, das bei Ariane die Flugdynamiken teilweise über die Eingaben am FMC gesteuert werden. Also je nach Schubklasse meiner Triebwerke und Gewicht verhält sich der Vogel anders. Meines Erachtens hat Ariane hier sehr gute Arbeit abgeliefert. Die Abweichungen von den Buchwerten finde ich durchaus tolerierbar, bedenkt man, dass in Realität Abweichungen von den Buchwerten auch vollkommen normal sind, wewegen Performance-Berechnungen professioneller Tools immer auf eine AC-Reg abgestimmt sind und nicht pauschal auf ein Muster.

Fazit

Ingo: Der besonders schwere Teil dieser Rezension ist nun ein in sich konsistentes Fazit zu ziehen. Wenn doch nur der Preis nicht wäre. Mit der Preisgestaltung macht es Ariane einem sehr schwer eine passende Empfehlung auszusprechen. Die Umsetzung ist von den Systemen abgesehen sehr ansprechend gelungen. Bei den Systemen muss unbedingt nachgearbeitet werden – gerade die Details sind es, auf die man bei einem derart hohen Preis achtet und Ariane zeigt ja auch, das man hier glänzen kann, aber es fehlen eben noch einige Aspekte. Ansonsten finde ich die Analogie mit einem älteren Liebhaber-Stück am passensten. Wer sich für Liebhaber-Stücke und die 737NG erwärmen kann und dementsprechend seinem Liebling auch die eine oder andere Macke nachsieht wird mit der Ariane sehr glücklich werden (wer bereits ist den Preis zu zahlen). Man ist bei Ariane bemüht einen Gegenwert zu liefern und auch auf einem guten Weg. Der Mainstream-Simulant wird mit der Ariane, so meine Einschätzung, eher einen Bauchplatscher landen und sich ärgern viel Geld ausgegeben zu haben. Insofern zwei Bitten meinerseits an Ariane: unbedingt so weiter machen und die Systeme fertig bekommen und bitte den Preis anpassen.

Holger: Ariane hat eine gute 737-800 veröffentlicht. Sie wird definitiv in meinem Hangar bleiben und mir viele wunderbare Flugstunden bescheren, wenn ich einen ruhigen Feierabendflug machen möchte. Wenn ich allerdings die technische Herausforderung suche, dann werde ich zu Digital Aviation oder PMDG greifen. Einem optisch erstklassigen Modell steht ein hoher Preis gegenüber. Wenn Ariane meint, im Hochpreissegment entsprechend Umsatz machen zu können – nur zu. Vielleicht wäre aber im mittleren Preissegment letztlich mehr zu verdienen.

Pro Contra
  • Stimmige Atmosphäre
  • Optik & Sound
  • Flugdynamiken
  • Performance (fps)
  • Für Hardcore Simulanten Systemsimulation zu lückenhaft umgesetzt
  • Preis
Informationen Testsystem
  • Holger
    • Intel QX6800 QuadCore 2,93 GHz
    • 4 GB RAM
    • GeForce 8800GTX
    • Win Vista 64
  • Ingo
    • Athlon 5000+
    • 2 GB RAM
    • GeForce 8800GT
    • WinXP

Holger Kistermann & Ingo Voigt