Review: DC Designs Concorde (FSX/Prepar3d)

Die Concorde ist ein faszinierendes Flugzeug. Nicht nur, weil sie das Fliegen mit doppelter Schallgeschwindigkeit ermöglicht (und damit nicht zuletzt Interkontinentalflüge in den Bereich der Feierabendflüge bringt!) und dafür einige Tricks beherrscht, die es so in keinem anderen Flugzeug gibt, sondern auch, weil sie die Hochtechnologie der späten sechziger Jahre abbildet – jene Hochtechnologie, die sich in Unmengen von Knöpfen und Anzeigen manifestiert. Die Concorde war das erste Verkehrsflugzeug mit (noch analogem) Fly-By-Wire-System, es navigierte mit der damals brandneuen Trägheitsnavigation, hatte Nachbrenner und verstellbare Einläufe in die Triebwerke, keine Flaps und für die Reduktion des Luftwiderstands ein Trimmsystem per Kraftstoffpumpen, natürlich die bekannte herunterklappbare Nase. Geflogen wurde sie von einer dreiköpfigen Besatzung, und die Kollegen hatten alle allerhand zu tun. Alles in allem eher nicht tauglich für Anfänger und Feierabendflieger!

Für 32-Bit-Simulatoren gab es die Concorde von FS Labs, für die Oskar Wagner seinerzeit ein wirklich lesenswertes Review geschrieben hatte. Ich selbst habe mir das Add-On mal gebraucht für kleines Geld gekauft und mich eines Abends in den Tutorial-Flug gestürzt, leider stürzte mein FSX damals aus Speichermangel nach fast einer Stunde Flugvorbereitung ab, das fand ich etwas frustrierend. Insofern hat mich das Konzept von DC Designs, eine einfach fliegbare Light-Version der Concorde rauszubringen, nicht abgehalten. Und da die Concorde eines der interessanteren Flugzeuge ist, die in der letzten, für die Simulationswelt doch umwälzenden Zeit für die FSX-basierten Simulatoren erschienen ist, habe ich mich ins Review gestürzt.

Also – begleitet mich auf einer Reise mit Überschall, auf der ich herausarbeiten möchte, ob dieses Konzept funktioniert, und was die Vorteile und Schwachstellen dieses Flugzeug-Addons sind.

Update 6.12.2020

Mittlerweile gibt es ein Update, dass die genannten Probleme der Texturen und der nicht korrekt funktionierenden Instrumente adressiert. Ich hatte noch keine Zeit, es mir anzuschauen, streiche aber die genannten Punkte aus der Zusammenfassung.

Das verspricht der Hersteller, Kauf, Installation

Die Concorde gibt es bisher nur bei Just Flight für schlappe 34,95 € (möglicherweise ändert sich das noch, wie bei JustFlight üblich). In der Produktbeschreibung wird viel Wert gelegt auf die Optik (hochdetailliertes Außenmodell und detailliertes Cockpit mit “physically-based rendering”-Texturen, Animationen von Türen, Triebwerkseinläufen, Schubumkehr, modellierte Kabine, Performance-optimiert für Virtual Reality-Headsets. Über die inneren Werte wird nicht allzu viel gesagt – das Flugmodell ist realistisch und erlaubt Mach 2, und für die Flugingenieur-Station gibt es ein eigens programmiertes Trimmtank-System, das während des Flugs auch regelmäßig bedient werden muss. Ach, und die Navigation funktioniert komplett per Simulator-Flugplan (abgesehen natürlich von VOR-Systemen, die aber bei Überschallflug über dem Atlantik herzlich sinnlos sind, weil die komplette Reichweite eines VOR in ca. 20 Minuten überflogen wird).

Die Installation verlief bei mir nach Download bei JustFlight (die auch das Review-Exemplar zur Verfügung gestellt haben) problemlos, ich habe nur Prepar3d 5 und 5.1 zum Test verwendet – installierbar ist der Flieger aber auch in FSX und allen früheren Prepar3d-Versionen. Mitgeliefert wird ein verständlich geschriebenes, aber leider nicht besonders aufschlussreiches Handbuch, das sich zum Beispiel zur exakten Funktion des Autopiloten ausschweigt – hilfreich ist aber der Tutorialflug. Zusätzliche Programme für die Konfiguration oder Betankung sind nicht vorhanden, das geschieht alles über die Standard-Panels des Simulators.

Außen “Hui” – die Optik

Von außen ist die Concorde durchaus sehr gut gelungen. Machen wir mal einen kurzen Walk-around, um den Jet. Bei der Concorde finde ich, dass die Stellung der Nase und des Visors die Ästhetik zwischen windschnittig und “der Onkel mit den schiefen Zähnen” verändert. Und das finde ich sieht man hier im Simulator auch.

Weiter gehts an die Details, und zwar zum Flügel, der schön geformt ist. An dieser Stelle kann ich vielleicht meine letzten Wissensreste aus der Flugantriebe-Vorlesung anbringen, die ich vor wenigen Dekaden besuchen konnte: Den geraden und den schrägen Verdichtungsstoß im Überschallflug. Gerade Verdichtungsstöße bremsen die Strömung sofort auf Unterschall ab, gehen aber auf das Material, daher herrschen bei Überschallflugzeugen Dreiecksformen vor: Hier wird die auftreffende Luft erst durch einige schräge Verdichtungsstöße abgebremst, um dann final mit einem geraden Verdichtungsstoß auf Unterschall gebracht zu werden.

Das ist auch der Grund für die verstellbaren und dreieckigen Verdichtereinläufe: spätestens da muss die Strömung auf Unterschall gebracht werden (noch schöner ist das aber bei der Mig-21 zu sehen, die im Prinzip einen Dreieckskegel Spazieren fliegt).

Auch die restlichen Ansichten der Concorde finde ich passend.

Was ich leider nicht so schön finde, ist, dass die Positionsleuchten durch das Flugzeug durchzuscheinen scheinen: Es gibt grüne und rote Reflexionen an Stellen, von denen aus die Leuchten überhaupt nicht sichtbar sind. Ob das aber nun an der Concorde liegt oder am verbuggten Prepar3d 5 kann ich nicht sagen.

Außerdem gibt es also aus meiner Sicht nichts zu bemängeln. Gehen wir also ruhig mal ins Cockpit und schauen und die inneren Werte an!

Das Cockpit

Das Cockpit der Concorde ist relativ eng, deshalb haben die Yokes auch diese etwas eigenartige Form. Hier sitzen zwei Piloten und ein Bordingenieur, der natürlich, wie für Ingenieure angemessen, eindeutig die meisten Knöpfe hat. Hier das Cockpit in der Übersicht, ganz grob vom Jumpseat aus gesehen.

Der Pilotenplatz zeigt einen klassischen Uhrenladen, mit den Hauptfluginstrumenten vor dem Piloten und den Anzeigen für die Triebwerke, unter der Scheibe die Bedienelemente für den Autopilot.

Und leider, leider, sind die Texturen hier nicht mehr zeitgemäß. So schön der Flieger von außen aus anzusehen ist, so grob modelliert sind die Strukturen. Die Texturen sind teilweise so grob aufgelöst, dass man schwierig lesen kann, wofür welcher Schalter ist. Das fällt besonders auf, wenn man die Maschine mit Virtual Reality-Headset fliegt, denn dann geht man intuitiv näher an die Schalter ran, um zu lesen, was da draufsteht – nur, es wird halt nicht klarer. Ich hatte im Rahmen dieses Reviews bei Just Flight nachgefragt, ob es ein Update gibt – leider habe ich dazu nichts gehört.

Andererseits – da das Model ja eine Light-Simulation ist benötigt man das Overheadprojektor Panel (bei dem es besonders krass undeutliche Beschriftungen gibt) und große Teile des Ingenieurs-Panels ohnehin nicht wirklich. Das Einzige, was ich auf dort wirklich genutzt habe, waren die Pumpen der Tanks.

Also, knappes Fazit: So schön das Außenmodell ist, so wenig schön ist das Cockpit. Die Texturen um die Schalter gehen so gar nicht. Und dennoch, in Virtual Reality habe ich das Cockpit als nicht so störend empfunden.

Die Concorde im ersten Eindruck

Als ersten Flug habe ich mir mal meine Standardrunde um Köln vorgenommen. Die Concorde startet mit Nachbrenner (für etwa eine Minute!) und hebt bei 200 bis 220 Knoten ab. In der Luft fällt auf, dass die Maschine sehr flink um die Rollachse ist. Das Ruder scheint mir wenig Effekt zu haben.

Was mir bei meiner Standardrunde aber besonders auffällt: Der sogenannte HSI (Horizontal Situation Indicator) funktioniert nicht so, wie er sollte. Es ist eigentlich nie so ganz klar, mit welchem Heading wir unterwegs sind, und vor allem: Bei Rollbewegungen reagiert die Anzeige direkt auf den Rollwinkel – das soll so nicht sein. Auch hier blieb eine Frage nach einem Update unbeantwortet. Leider, leider, ist es so also schwierig, sich mit dem Flieger vernünftig zu orientieren.

Eine Sache, die möglicherweise zwar der Realität entspricht, aber das Fliegen zusätzlich verkompliziert: Die Concorde ist sehr sensibel, was niedrige Fluggeschwindigkeiten angeht, aber gleichzeitig ist es auch schwierig, mit dem Gashebel die Geschwindigkeit zu halten. Alles in allem: Das Ding ist nicht einfach per Hand zu fliegen. Und da frage ich mich dann doch, wieviel Sinn es macht, ein Flugzeug-Add-On auf den Markt zu bringen, das eher schwierig per Hand zu fliegen und damit meiner Meinung nach für Anfänger eher nicht geeignet ist, es aber als Light-Version für den gelegentlichen Feierabendflug zu vermarkten. Das passt für mich nicht wirklich. Und leider kann ich aber auch nicht beurteilen, wie schwierig das Fliegen in der Realität war. Mir zumindest hat das Handfliegen nur wenig Spaß gemacht.

Schade finde ich vor allem, dass die Instrumente so buggy sind. Das ist ja nicht nur der HSI – auch zum Beispiel die Fahrwerkslampen blinken in bestimmten Situationen, obwohl sie das nur tun sollten, während das Fahrwerk gefahren wird.

Über den Atlantik in drei Stunden

Nach so ein paar Hüpfern im Köln wollte ich aber doch noch wissen, wie es denn nun ist, mit Mach 2 über den Atlantik zu fliegen Hilfreich ist hier der Tutorialflug, mit dem das relativ problemlos von London nach New York funktioniert hat, in Echtzeit und aufgeteilt in drei Feierabend-Happen (Speichern funktioniert mit einigen Einschränkungen beim Autopilot-Status). Und tatsächlich hat mir das Spaß gemacht. Nach dem Start in London und dem Einschwenken auf die per Simulator-Flugplaner geplante Route (ganz einfach: London, New York, und zwei grob per Hand festgelegte Wegpunkte, um die Route an den Landmassen vorbei zu planen) geht es eigentlich nur darum, nicht zu schnell und auch nicht zu langsam zu steigen und dann so zu beschleunigen, dass die Nachbrenner (die hier Reheat heißen) nicht allzu lange laufen. Das klappt alles mit dem Autopilot ganz gut.

Ist die passende Flughöhe (ca. 60.000 Fuß!) und die richtige Geschwindigkeit (Mach 2) dann nach etwa 30 bis 40 Minuten erreicht, dann wird der Flug etwas eintönig. Zu sehen gibt es auch nichts, weil wir einerseits ja die Landmassen vermeiden müssen, andererseits aber auch so hoch sind, dass das Wettergeschehen weit unter uns ist. Die Sicht aus dem Cockpit ist ohnehin eher mäßig. Die Arbeit beschränkt sich jetzt für etwa eine Stunde darauf, die Balance zu halten. Das geht, indem der Zeiger für die Schwerpunktlage zwischen den sich an die Geschwindigkeit anpassenden Grenzen gehalten wird – und das wiederum klappt per Pumpsystem im Trimmtank (hier in der Mitte des Bildes).

Was mir hier auffällt: je schneller wir unterwegs sind, desto kleiner ist die Performance des Simulators. Während ich bei meinen Hopsern überhaupt keine Ruckler oder generell Performance-Probleme hatte, ging die Performance auf Mach 2 und FL 500+ doch ziemlich in den Keller (bis runter zu 23 FPS, obwohl auf dem Bildschirm außer Himmel und Flugzeug nichts zu sehen war). In der Außenansicht komischerweise nicht – Zeit also, den Flieger in freier Wildbahn zu betrachten.

So etwa 600 Meilen vor New York beginnt dann der Anflug. Unterstützung bei der Navigation gibt es eigentlich nur durch das GPS-Fenster, das zwischen den beiden Dummy-Bedieneinheiten des Delco Caroussel angebracht ist, wo im Original ständiges Wechseln von Wegpunkten nötig gewesen wäre. Der Sinkflug funktioniert dann eigentlich nur per 5er-Regel: Fluggeschwindigkeit mal 5 ergibt die Sinkrate, die für einen 3°-Anflug erforderlich ist. Über dem HSI, da, wo die Distanz-Informationen zum VOR angezeigt werden würden, steht im GPS-Modus der Ground Speed.

Und irgendwann ist dann New York in Reichweite, der Endanflug funktioniert per VOR und HDG-Modus im Autopilot, nach etwa drei Stunden. Und das ist doch eigentlich auch eine nette Erfahrung. Mit der Concorde lassen sich tatsächlich ohne große Vorbereitung Flugstrecken von etwa 5500 km in Echtzeit zurücklegen, ohne dass es sehr langweilig wird. Wie realistisch das ist, ist eine andere Frage…

Fazit

Die Concorde von Just Flight ist – leider – nicht ganz ausgereift, was die Instrumente angeht, schwierig im Handbetrieb zu fliegen, aber relativ einfach per Mach 2 zwischen den Kontinenten zu bewegen. Optisch von außen sehr gut getroffen, im Cockpit aber mit den Texturen nicht mal ansatzweise auf dem Stand der Technik. Und ja, dennoch macht es Spaß, die langen Strecken zu fliegen, weil es immer was zu tun gibt. Ob diese Erfahrung 35 Euro wert ist muss jeder selbst beurteilen.

Die Performance ist eigentlich, wie versprochen, in Ordnung und auch in Virtual Reality gut fliegbar, aber auf Reiseflughöhe geht die Performance doch teilweise deutlich in den Keller.

Und falls euch die Concorde fasziniert, hier noch eine sehenswerte Episode von “Flying Heavy Metal”:

https://www.youtube.com/watch?v=NG_I5Rcv-B4

Hier eine schöne Dokumentation über Start und Landung des Fliegers:

Informationen

Pro Contra
  • Einfache Bedienung der Systeme
  • Sehr schönes optisches Außenmodell
  • Fehler bei den Instrumenten
  • Schwach aufgelöste Texturen im Cockpit
Informationen Testsystem
  • Intel Core i5 3570K, 4.5 Ghz
  • GeForce GTX 1080, 8 Gb
  • Windows 10×64, 16 Gb Hauptspeicher
  • Prepar3d 5.0 HF 2
  • Intel SSD
  • Oculus Rift CV1

Dr. Patrick Seiniger

 

 

 

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Buspilot
Buspilot
3 Jahre zuvor

Sehr gutes Review. Danke für die tolle Arbeit.