Review: Electronic Flight Bag

efbSchon mal etwas von der Electronic Flightbag von Aivlasoft gehört? Ich gebe es zu – bis vor einem Monat kannte ich weder Firma noch Produkt. Doch AivlaSofts Electronic Flightbag ist für mich DIE Addon-Überraschung des Jahres! Gerade FSX-Piloten wird dieses Tool eine riesige Hilfe sein – gibt es doch für diesen Simulator praktisch keine brauchbare Flugplanungs-Software, geschweige denn Kartenmaterial im Sinne einer Moving Map…

 

 

Unsere vollständige Rezension, geschrieben von Holger Kistermann, gibt es unter “weiterlesen”…

 

 

Was macht die Electronic Flightbag von AivlaSoft eigentlich zu meinem persönlichen Highlight in diesem Jahr? Nun, der FSX ist seit 2007 auf dem Markt. Doch in Sachen Flugplanung hat sich nur wenig bewegt. Der Flightsim Commander ist sicherlich gut, aber nicht intuitiv bedienbar. FSBuild kann viel mehr als die bloße Planung der Route, doch es besitzt keine Moving Map-Funktion und das Kartenmaterial… – naja, reden wir nicht weiter darüber. Vroute-Premium habe ich nach einer halben Stunde wieder deinstalliert. Dann gibt es noch für diejenigen, die lieber planen als fliegen, den FOC von Aerosoft. Und es gibt noch ein paar weitere Tools – aber lassen wir das… Kurzum: Es gibt per heute keinen vernünftigen Flugplaner mit Moving Map-Funktion. Sagen wir lieber “gab”, denn Electronic Flightbag macht vieles besser.

 

Wer braucht eigentlich Electronic Flightbag?

Ich gehe einfach mal davon aus, dass die meisten Flusi-Piloten den Flight Simulator-eigenen Flugplaner nutzen. Der kann im Grunde genommen schon recht viel: Er kennt viele Wegpunkte und schlägt anhand derer auch eine sinnvolle Strecke vor, die sogar editierbar ist. Den Microsoft Flugplaner sollte man nicht unterschätzen, denn das, was er kann, kann er sogar recht gut. Doch für ambitionierte Stubenpiloten fängt die Planung der Route gerade erst dort an, wo es bei Microsoft aufhört! Wer sein Simulationserlebnis möglichst realistisch gestalten möchte, der achtet darauf, dass selbstverständlich die korrekten An- und Abflugrouten der Flughäfen eingehalten werden und das man verschiedene Strecken auf den gleichen Routen fliegt, wie es auch in der Realität getan wird. Das kann der Standard-Flugplaner nicht bewältigen.

Hier setzen die Addon-Flugplaner an. Entweder bringen sie bereits eigenes Datenmaterial von Haus aus mit oder sie bedienen sich externen, teils bezahlpflichtigen Quellen, wie beispielsweise den AIRAC-Cyclen von Navigraph. Mit diesen Daten gefüttert, kennen die Flugplaner von praktisch jedem größeren Flughafen die exakten An- und Abflugrouten, die SIDs und STARs, und jene Wegpunkte, die zwischendurch auch noch von Relevanz sind. Gegenüber dem Standard-Flugplaner des Flight Simulators kann man nun ganz konkret die korrekte Start- und Landebahn mit der entsprechenden Routenführung in Abhängigkeit des Wetters berücksichtigen. Und bis auf die Standard Terminal Arrival Routes (STAR) wird die geplante Strecke sogar von der Flight Simulator-ATC verstanden. Das es mit den STARs nicht klappt, liegt einfach an der beschränkten ATC, die ab einer gewissen Entfernung zum Zielflughafen den Piloten mittels Anflugvektoren lenken möchte. Entweder folgt man diesen Vektoren, was in der Realität übrigens auch hin und wieder geschieht, oder man quittiert den Flugplan und folgt dem geplanten Verlauf weiter. Später kann man sich dann ja immer noch die Landefreigabe von der ATC holen. Um es kurz zu sagen: Gerade wer mit realem Wetter fliegt, plant seine Routen idealerweise mit einem Addon-Flugplaner.

Electronic Flightbag richtet sich an all jene, die mehr Realität in der virtuellen Welt haben möchten. Denn im Gegensatz zu anderen Flugplanern hört die Realität hier nicht nach dem Erstellen des Flugplans auf. Vielmehr wird die Flugplanung als ein kontinuierlicher Prozess verstanden – der bis zum Endanflug andauert. Schließlich kann sich die Wetterprognose für den Zielflughafen unterwegs ändern: Anstatt der angenommenen Landerichtung soll nun genau anders herum gelandet werden. Oder es ist eine ganz andere Piste in Betrieb. Und um ganz auf die Spitze zu treiben: Die Landung auf dem vorgesehenen Flughafen wird aus irgendwelchen Gründen unmöglich.

Electronic Flightbag ist eine prozessorientierte Lösung. Was sich so furchtbar technisch anhört, bedeutet, dass der weitere Flugverlauf jederzeit planbar und änderbar ist. Das können andere am Markt befindliche Produkte nicht, denn AivlaSofts Electronic Flightbag übergibt alle Änderungen mit einem Mausklick in die laufende Simulation.
 

Was kann Electronic Flightbag?

Fangen wir besser erstmal damit an, was Electronic Flightbag nicht kann – denn das macht es einfacher, hinterher auf die Features einzugehen. Mit Electronic Flightbag kann man zwar, wenn man denn unbedingt möchte, sich die zu fliegende Route selbst zusammen stellen. Also praktisch jeden Wegpunkt einzeln definieren und in den Flugplan übernehmen. Eine “echte” Flugplanung wie man es vielleicht von anderen Produkten dieses Genres gewohnt ist, kann es nicht. Doch dafür gibt es Services, die kostenfrei im Internet verfügbar sind – und die können es eigentlich viel besser. Warum sollte man das Rad auch neu erfinden?

Electronic Flightbag bedient sich verschiedener Möglichkeiten für die initiale Routenplanung. Die weitere Verfeinerung wird dann ausschließlich innerhalb von Electronic Flightbag vorgenommen. So hat man beispielsweise die Möglichkeit, Flugpläne…

– …im FSX zu erstellen, in Electronic Flightbag zu importieren und hier zu vervollständigen
– …innerhalb von VATroute zu generieren und in Electronic Flightbag zu vervollständigen
– …innerhalb von Routefinder zu generieren und in Electronic Flightbag zu vervollständigen
– …von dritten Flugplanungs-Programmen, wie beispielsweise FS Build zu generieren und als FSX-Flugplan in Electronic Flightbag zu importieren

Ich persönlich nutze praktisch ausschließlich die VATroute-Option. Denn VATroute liefert erstklassige Flugpläne, die man online unter www.vatroute.net abrufen kann. Ein Flugplan von Zürich nach Frankfurt sieht beispielsweise so aus: “DEGES Z3 SUDEN T164 KOVAN T163 PSA”. AivlaSofts Electronic Flightbag hat ein wunderbares Interface, mit dem man direkt die VATroute- oder Routefinder Websites ansurfen kann, ohne noch einen separatem Browser öffnen zu müssen. Mit einem einzigen Mausklick kann man die Route in Electronic Flightbag sodann übernehmen und dort weiter bearbeiten. Das heißt konkret die den Wetterverhältnissen entsprechenden Runways sowie die Ab- und Anflugrouten hinzuzufügen.

Electronic Flightbag verfügt über wirklich bemerkenswert gute Kartenansichten. Diese können als “normale” Karten verwendet werden oder als Moving Map. Um die Karten mit Inhalten füllen zu können, bedient sich Electronic Flightbag mit Datenmaterial aus einem Navigraph AIRAC Cycle – also jenem Datenstamm, mit dem sicher viele PC-Piloten ihre FMC-Daten aktuell halten. Diese Daten reichen vollkommen aus, um alle relevanten Informationen für die Durchführung eines Fluges kartenseitig abzubilden. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil: Die Informationen des Kartenmaterials stimmt mit den Daten der Flight Management Computer in den Addon-Flugzeugen überein.

Für Flughäfen gibt es die Ground-Karten. Hier sind alle wichtigen Informationen zu Stellplätzen, Rollwegen, Pisten, Pistenlänge, -ausrichtung und -bezeichnung enthalten. Wenn man also irgendwelche kryptischen Rollinformationen von der Microsoft ATC erhält, kann man nun genau auf der Karte sehen, wo man entlang rollen muss. Optional selbstverständlich als Moving Map. Look & Feel der Grund-Karten entspricht übrigens dem, wie man es auch von professionellem Kartenmaterial von Navigraph selbst, Bottlang oder Jeppesen her kennt. Letzteres dürfte Realpiloten eher ein Begriff sein. Hier ein Beispiel: Der Flughafen Zürich Kloten; per Mausklick auf das Bild wird es größer.

lszh-ground

 

Die Departure-Karte stellt den Verlauf des ausgewählten SID, des Standard Instrument Departures, dar. Also jenen Weg von der Piste bis zum ersten Wegpunkt des Flugplans. Entlang dieser Route gibt es vieles zu beachten: Mal müssen bestimmte Flughöhen / Pflichthöhen an den verschiedenen Wegpunkten eingehalten werden, manch anderer Wegpunkt ist mit einer Mindestflughöhe (“mindestens 4.000 ft”) versehen und an anderen Punkten gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen. Unten stehend habe ich, für einen Flug von Zürich nach Frankfurt, den DEGE1S SID von der Rwy 16 eingefügt. Der SID zeigt jene Wegpunkte an, die bei Addon-Flugzeugen mit FMC auch in diesem hinterlegt wären. So gibt es beispielweise dort den Punkt ZH502, an dem ich mindestens eine Höhe von 4.000 Fuß haben muss und von der zuvor auferlegten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 210 Knoten wieder befreit bin. Oder der Enpunkt des SIDs, DEGES, der laut Karteninformation 8 NM vom Vorgängerpunkt ZH525 entfernt ist (@ 101°) und an dem ich mindestens bereits 8.000 ft hoch sein muss.

 

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Die Enroute-Karte zeigt alles an, was zwischen SID und STAR von Relevanz ist. Je nach Belieben kann man weitere Karteninformationen, wie beispielsweise Flugplätze / Flughäfen und Navigationseinrichtungen einblenden oder ausblenden. Absolut wichtig sind natürlich die Namen der Wegpunkte, die Bezeichnungen der Airways, die Flugrichtungsangaben, die Entfernungen sowie  die Frequenzen und Namen der Navigationseinrichtungen entlang der Strecke. So weiß man immer – und ohne großartig noch irgendwelche Unterlagen wälzen zu müssen – welche Frequenzen man für NAV 1 / NAV 2 rasten muss und welche Radiale, sprich Kurse, einzuhalten sind, bzw. welche Strecke vom FMC abgeflogen wird.

enroute

 

Die Karten für den STAR teilen sich in eine Arrival- und eine Approach-Karte auf. Die meisten großen Flughäfen verfügen über mehrere Standard-Anflugrouten pro Piste, die je nach Wetter, Uhrzeit etc. in Betrieb sind. Um auf die jeweilige Standard-Anflugroute, also der Standard Terminal Arrival Route STAR, zu gelangen, gibt es je nach Himmelsrichtung unterschiedliche Eintrittspunkte. Die Strecken dorthin nennt man Arrival. In meinem Falle, für die Strecke von Zürich nach Frankfurt, ist der Endpunkt der Kernroute (wie ich sie von VATroute übernommen habe) der Punkt PSA, also das Spessart NDB. Praktischerweise entspricht PSA auch meinem Eintrittspunkt, der Transition, für den STAR. Deswegen kann ich den Arrvial-Chart an dieser Stelle überspringen und kann gleich auf den Approach-Chart eingehen.

Der Approach-Chart ähnelt dem SID-Chart. Auch hier gibt es wieder eine ganze Reihe wertvoller Informationen und Restriktionen, die beachtet werden müssen. In unserem Falle fliegen wir den PSA25-STAR, einem CAT III-Anflug auf die Piste 25L von Osten kommend nach Frankfurt. Falls wir ins Holding geschickt werden, dann wahrscheinlich über dem CHARLIE-VOR. Praktischerweise ist die Holding-Route auch hier gleich eingezeichnet. Ansonsten gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf maximal 220 Knoten zwischen DF036 und DF021 auf einer Strecke von 20 Meilen bis in das kurze Endteil. NDBs und weitere VORs sind ebenso auf der Karte enthalten, genauso wieder wie die Angaben über verschiedene Mindesthöhen. Die Frequenz für das ILS Rwy 25L und dessen Ausrichtung von 249°.

 

approach

 

Übrigens: Würde man sich beispielsweise in dieser Phase des Fluges für einen anderen Approach, eine andere Runway oder gar einen anderen Flughafen entscheiden, so ist das kein Problem. Einfach die gewünschte Änderung in Electronic Flightbag eintragen und den Anweisungen auf dem Bildschirm folgen. Das ist ganz intuitiv… – im Route Setup die Destination ändern, den Arrival und Approach auswählen – und fertig! Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Anflüge übrigens nach Himmelsrichtung sortiert. So kann man sich beispielsweise für eine Landung in Frankfurt Hahn statt in Frankfurt Main alle Anflüge aus Osten anzeigen lassen und direkt in den Flugplan einbinden. Mit Klick auf “Activate” ist die Flugplanänderung dann “scharf”. Im FSX braucht man im ATC-Menü nur noch die Guidance zur geänderten Destination anfordern. Mehr nicht.

 

Nach der Landung wird der Ground Chart für Frankfurt angezeigt.

eddf-ground

Wie oben stehender Screenshot bereits zeigt: Auf Wunsch kann man sich sogar die exakte Route bis zum gewünschten Gate anzeigen lassen.

 

Umfang und Demo-Modus

Electronic Flightbag besteht aus dem Data Provider und der Display Unit. Der Data Provider ist das Herz der Anwendung; er stellt die Verbindung zwischen dem FSX und der Display Unit her. Hier werden auch die AIRAC Daten verarbeitet. Die Display Unit ist das, was ich auf den Screenshots gezeigt habe. Zum weiteren Umfang gehört auch eine ausführliche Dokumentation, die lesenswert ist, wenn man beispielsweise Electronic Flightbag auf einem zweiten Rechner laufen lassen möchte. Abgerundet wird der Umfang durch einen kompletten Navigraph AIRAC-Cycle.

Für den normalen Betrieb ist die Dokumentation allerdings nicht wirklich wichtig. Denn Electronic Flightbag ist absolut intuitiv bedienbar. Nach weitaus schwieriger zu bedienenden Flugplanern ist es nun eine Wohltat, mit ganz wenigen Mausklicks eine Strecke zu planen.

Wer sich selbst überzeugen möchte, kann Electronic Flightbag ohne Kaufverpflichtung 30 Tage lang im vollen Umfang kostenlos testen. Es wäre schön, wenn auch andere Hersteller so verfahren würden. Nach 30 Tagen (oder früher) kann man einen Key erwerben und das Programm unendlich lange freischalten. Sodann stellt das Programm auch nicht mehr bei jedem Gebrauch eine Verbindung zum Internet her, um den rechtmäßigen Besitz zu validieren; eine reine Vorsichtsmaßnahme.

 

Kompatibilität

Ich habe mit Electronic Flightbag praktisch keine Probleme gehabt. Nutzt man die Default-ATC, dann klappt eh alles. Ich nutze allerdings Radar Contact 4.3. Leider kann dieses Programm keine Electronic Flightbag-Flugpläne einlesen und stürzt ab. Man kann dieses Problem aber ganz einfach lösen, indem man einen weiteren Flugplaner “zwischenschaltet”, den Flugplan dort einliest, erneut abspeichert und erst dann in Radar Contact einliest.

Des Weiteren gab es auf dem Testrechner Probleme mit der Boeing 757/767 aus dem Hause Captain Sim. Doch diese Probleme waren, auch unter Zuhilfenahme von Urs von Aesch, dem Entwickler von Electronic Flightbag, nicht lösbar. Letztlich kann ich nicht sagen, ob es sich hierbei um reproduzierbare Probleme handelt.

Besitzt man eines dieser Addons, einfach mal die 30-Tage Testversion installieren und es selbst ausprobieren.

 

Fazit

Kein Flug mehr ohne! Electronic Flightbag steigert das Simulationserlebnis deutlich… – viel mehr, als es irgend ein anderes Addon in diesem Jahr bei mir getan hat.

 

Pro

Contra

  • Intuitive Programmoberfläche
  • Look & Feel des Kartenmaterials
  • Unterstützung von Navigraph AIRACs
  • Vollständige Integration in die ATC des FSX
  • Hohe Realitätsnähe
  • Demo-Modus
  • nur Kleinigkeiten, wie bspw. Kompatibilität zu Radar Contact

Informationen

Testsystem

  • Entwickler: Urs von Aesch, AivlaSoft
  • Distributor: AivlaSoft
  • Homepage: www.aivlasoft.com
  • Preis: 49,43 € für die Downloadversion, 52,77 € für die CD-Version

 

  • Intel QX6800, 2.93 GHz
  • 4 GB RAM
  • GeForce 8800 GTX