Review: PACSIM KCLE Cleveland-Hopkins (P3Dv5)

Cleveland ist nicht unbedingt eine Reise wert, soviel vorab. Es gibt deutlich sehenswertere Gegenden in den USA, auch um die großen Seen herum. Trotzdem macht die Lage am Eriesee, sowie die Größe der Bevölkerung, die Stadt nicht unwichtig im Staate Ohio und im weiteren nationalen Wettbewerb. PACSIM hat nun den Hauptflughafen der Stadt, nach jahrelanger Arbeit, für P3D veröffentlicht.

Die Stadt und Umgebung

Cleveland wurde am 22. Juli 1796 gegründet. Die Entwicklung verlief schleppend, bis Mitte des 19. Jahrhunderts sämtliche Kanäle in den großen Seen eröffnet wurden. Ab dann war die Stadt mit dem Atlantik und dem Mississippi verbunden, und der Schiffsverkehr konnte aufgenommen werden. Die Blütezeit der 1930er Jahre, mit rund 900.000 Einwohner, hat die Stadt heute aber deutlich hinter sich gelassen. Es leben gerade einmal noch 300.000 Menschen in der Stadt einschließlich der Vorstädte. Die Überbleibsel jener glorreichen Jahre findet man jedoch noch immer. Verlassene Fabriken, heruntergekommene und leerstehende Wohngebäude sind omnipräsent. Durch Misswirtschaft und die globale Wirtschaftsverteilung verlor die Stadt immer mehr an Bedeutung.  Heute wird das Stadtleben vor allem von hoher Arbeitslosigkeit, Kriminalität, mangelnder Bildung und fehlendem Investitionsklima geprägt. Durch die Rock’n Roll Hall of Fame sowie die bekannteren Sportteams (Cleveland Browns -NFL- und Cleveland Indians -MLB-) konnte die Stadt immerhin etwas an touristischer Bedeutung zurückerlangen.

Der Flughafen in der Realität

Cleveland hat zwei Flughäfen, aber beide Flughäfen bilden nicht die Hauptverkehrsknotenpunkte der Stadt, diese sind Strassen, Schienen und Wasserwege.
Der Flughafen Cleveland Burke Lakefront Airport ist ein reiner Flughafen der Allgemeinen Luftfahrt, liegt allerdings dafür mitten in der Innenstadt, nahe am Eriesee und ähnelt dem ehemaligen Meigs Field Airport in Chicago. Auch er ist innerhalb der Verwaltung höchst fragwürdig und war nach den Anschlägen 2001 aus Gründen der Terrorangst in der Diskussion.
Der internationale Flughafen CLE / KCLE oder Hopkins Intl. (benannt nach dem Flughafengründer und Bürgermeister der Stadt) liegt 14 Kilometer südwestlich von der Innenstadt und ist per Taxi und mit dem Cleveland Rapid Transit auch auf Schienen angebunden.
Geschichtlich ist der Flughafen höchst interessant. Hier wurde in den USA der erste Tower eröffnet, die erste Nachtbefeuerung installiert, das erste Boden-Luft Radiosystem in Betrieb genommen, die erste Schienenanbindung gebaut und das erste doppelstöckige Terminal präsentiert, welches den großen Vorteil hatte, dass Abflüge und Ankünfte über zwei Stockwerke getrennt werden konnten.
Heute verfügt der Flughafen über drei Start-/ Landebahnen mit einer maximalen Länge von 3.034 m. Angegliedert ist das Glenn Research Center der NASA, welches zu den großen Entwicklungsstandorten der Agency gehört.
(Für die folgenden Bilder wurde der künstliche Flugverkehr von mir eingeblendet. Die Flugzeuge gehören NICHT zum Lieferumfang von PACSIM.)
CLE verfügt über ein Terminal mit 3 Sateliten. Hauptcarrier ist United Airlines, die zudem ein Trainingszentrum für ihr Personal in der Umgebung betreibt.
Ein vierter Satelit ist seit 2014 unbenutzt, war aber aufgrund seiner Infrastruktur sehr beliebt, da man sowohl Flugzeuge an Jetways abfertigen konnte, aber auch kleinere Commuter-Flugzeuge per Direkteinstieg.
Der Flugverkehr erreichte 2000, was Fluggastzahlen angeht, mit fast 13,5 Mio. Passagieren seinen Höhepunkt. Diese sanken jedoch ab dann kontinuierlich. 2019 kam der Flughafen noch auf rund 10 Millionen Passagiere. Durch die Coronapandemie konnten 2020 nur 4,1 Millionen Passagiere verbucht werden. Der Flughafen verfügt über den typisch amerikanischen Airlinemix, ist jedoch kein Hub-Flughafen mehr. Das Streckennetz ist bis auf wenige Ausnahmen wie Toronto, Cancun und Punta Cana rein national gehalten, was aber auch den großen Flughäfen wie Chicago, Detroit, Pittsburgh oder auch Toronto in der weitläufigen Umgebung geschuldet ist. Die Low-Cost Carrier wie Southwest, Allegiant, Frontier oder Spirit haben den Flughafen ebenfalls im Angebot. Im Frachtbereich sind FedEx und UPS die größten Betreiber am Platz.
Aber auch hier zeigt sich leider, dass die Aussichten für den Betreiber alles andere als gut aussehen, ähnlich die der Stadt.

Der Flughafen im Simulator

Es gab bisher keine nennenswerte Umsetzung des Flughafens Cleveland-Hopkins International. Die Addon-Gilde stösst damit also wieder ins Neuland, und beschert uns somit, nach Salt Lake City und Reno, einen weiteren “jungfräulichen” Airport, was ich immer wieder toll finde, da man so auch in den Genuss “unbekannter” Gegenden kommt.

Aerosoft bildete in ihrer US-Cities Serie zusammen mit Lime Sim die Stadt Cleveland nach, welche auch noch heute in P3D kompatibel ist. Diese wertet das Stadtzentrum sowie die umliegenden Flughäfen deutlich auf. Mit der Szenerie von PACSIM funktioniert die Stadtszenerie ordentlich und die Übergänge sind harmonisch, auch wenn sie mehr Ladezeiten mit sich bringt. Zudem gibt es auch Brücken im Flughafengebiet. In dem Produkt von PACSIM ist nur der Flughafen enthalten.

Kauf, Installation und Umfang

Der Flughafen wurde am 21.März 2021 für P3Dv4 und v5 veröffentlicht. Die Szenerie erhaltet ihr im PacSim Store. Der Airport kostet knappe 25,40€ muss jedoch je nach v4 oder v5 separat erworben werden, einen Discountpreis gibt es beim Kauf jedoch nach Rückmeldung im Bestellformular. Bezahlt werden kann über Paypal oder Kreditkarte. Je nach Verbindung läuft das Herunterladen der 1,2 GB großen Datei stabil. Bei der automatischen Installation wird der Flughafen zugleich im Simulator angemeldet und ist somit quasi sofort anfliegbar. Im 29-Palms Scenery Configurator lassen sich wenige Anpassungen vornehmen.

PACSIM verspricht folgenden Installationsinhalt:

• Akkurate/r/s Terminalgebäude, Hangarhallen, Tower und Flughafengelände
• Dynamic Lighting
• SODE für alle Jetways
• individuelle Bodentexturen
• hochauflösende (7cm-15cm pixel) photoreale, saisonale Bodentexturen
• KCLE Scenery Configurator Tool
• farblich an die Umgebung angepasste Texturen
• optimierte Performance

Erster Eindruck

Unsere Anreise erfolgt mit United via Chicago. Schon im Anflug fällt uns die typische Gitternetzstruktur amerikanischer Städte auf. Allerdings gibt es auch vermehrt Lagerhallen und Fabriken. Wir nutzen in Nordamerika openLC von ORBX welches die Standard-Szenerie deutlich aufwertet. Der Flughafen von PACSIM fügt sich ordentlich in die Umgebung ein. Was uns allerdings beim Rollen zum Terminal sofort auffällt ist, dass der Flughafen, bzw. die Texturen klinisch sauber erscheinen. Keine Abnutzung zu sehen, lediglich die Landebahntexturen zeigen etwas Gummiabrieb. Alles wirkt wie aus dem Ei gepellt, gar steril. Wir rollen zur Parkposition und mittels SODE docken die Jetways genau an.

Auf dem Weg zum Ausgang sehen wir bereits, dass auch das Innenleben des Terminals zum Teil mitumgesetzt wurde.

Wir werden eigentlich vom Taxi abgeholt. Eigentlich. Denn vor dem Terminal erwartet uns dann doch gähnende Leere. Wir müssen wohl uns zu Fuß auf den Weg machen.

Die Umsetzung von Cleveland im Simulator

Cleveland wirkt wie ein größerer Regionalflughafen. Er ist weitläufiger und es gibt viele Rollwege, die gefühlt ins Nichts führen, doch trotzdem liegen die Bereiche die geschäftig und für uns als Simmer wichtig sind, relativ eng beieinander. Im Vergleich zu Luftbildern kann PACSIM bescheinigt werden, dass alle relevante Gebäude dargestellt werden. Auch das NASA-Zentrum und die dazugehörigen Hallen wurden mit umgesetzt. Allerdings ist hier der Gebäudekomplex nicht zu 100% komplett, was meiner Meinung nach aber auch nicht ins Gewicht fällt, da man eh nicht nah daran vorbeikommt. Rollwege und Frequenzen passen nach meinen durchgeführten Tests auch, ebenso die Maße und Höhen der Gebäude. Wir haben ebenfalls auf der Landseite Parkhäuser und auch die Einbettung in die Standard Szenerie passt. Der Bezug zur Realität ist also gegeben und kann wie oben beschrieben auch mit einem weiteren Zusatzprodukt aufgehübscht werden. Zudem werden ebenfalls die verschiedenen Jahreszeiten mit den dazu passenden Bodentexturen berücksichtigt. Auch die große Expo Halle im Süden wurde mit dargestellt.

Der Flughafen bei Nacht

Wird es Nacht, so zeigt der Flughafen seine “Schattenseiten” doch dazu weiter unten im Review mehr. Der Flughafen wird dynamisch beleuchtet. Die Befeuerung der Rollwege und Runways passen. Ebenfalls der direkte Rollweg zur endgültigen Parkposition. Die Flutlichtmasten werfen allerdings komische Kegel und zusammengefasst sind gerade die verschiedenen Vorfelder und Gebäude viel zu hell beleuchtet.

Die Performance

Da es momentan auch deutlich weniger Flugverkehr gibt, und ich PSXseecon Traffic im Flugsimulator nutze, konnte ich im Anflug und auch im Terminal zu jeder Tageszeit keinerlei Einbrüche in der Bildwiederholrate feststellen. Alles läuft angenehm flüssig, auch dann wenn man dementsprechend die Regler weiter rechts hat. Nach Angaben von PacSim wurde Cleveland auch mit Blick auf die Performance entwickelt, was sich hier bestätigt.

Nutzt man allerdings den Städtezusatz von Aerosoft, so sollte man schon mit deutlichen Einschnitten in diesem Bereich rechnen.

Was mir nicht gefällt

Ich hatte große Erwartungen in die Szenerie, weil ich auch von Reno und Salt Lake City positiv überrascht war. Allerdings gibt es schon einige Punkte, wo ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde.

Der größte Kritikpunkt ist der Flughafen bei Nacht. Während der höchste Kontrollturm noch realistisch angestrahlt und beleuchtet wird, ist es mit dem Rest des Flughafens leider eine Katastophe und erinnert einfach an den FSX. Da sind die durchgängig gleich hell-erstrahlten Gebäude und die voll ausgeleuchteten Vorfelder. Die Flutlichtmasten mit ihren komischen Lichtkegeln hatte ich ja bereits erwähnt. Im Anflug fällt dies nicht groß auf, aber spätestens beim Verlassen der Bahn wird man leider dadurch enttäsucht.

Ebenfalls schade ist, dass die Modellierung der Gebäude eher an den FSX erinnert. Dies liegt auch an den nicht vorhandenen PBR Texturen. Dies ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Zu Gute kommt der Szenerie allerdings, dass auch das reale Vorbild nicht wirklich spektakulär wirkt und vor allem viel Beton verbaut wurde.

Die Anpassung in das Stadtgebiet ist größtenteils gelungen, leider aber nicht so gut im Osten. Hier gibt es kein Autogen und die Phototapete ist einfach nur flach, ohne Gebäude und ohne Vegetation. Fliegt man von Norden her an, so ist dieses Gelände deutlichst zu erkennen.

Bleiben wir im Osten. Hier liegt auch die Bodenseite des Terminals und auch die völlig leere Zufahrt. Hier wirkt der Flughafen ausgestorben. Dazu kommen noch, dass es Meshfehler in der direkten Umgebung gibt. Hier schweben die Häuse zum Teil deutlich sichtbar.

Leer ist aber auch das Vorfeld. Zwar gibt es überall Flughafenfahrzeuge, doch leider nur Statische. Keine Personen auf den Vorfeldern oder auch im Terminal. Hier hätte man mit mehr Liebe zum Detail arbeiten können. Das Innenleben ist sehr einfach gestaltet und gehalten und virtuelle Entdecker verpassen im Inneren der Gebäude nicht wirklich etwas.

Fazit

PACSIM schwimmt qualitativ nicht im Ansatz auf der gleichen Welle wie ORBX, Gaya-Sim oder flytampa. Aber das müssen sie auch nicht. Das Team von Graham hat sich in der Vergangenheit zurecht einen Namen im Business erarbeitet und entwickelt Flughäfen, auf die die Community sehnlichst wartet. Dieser Zustand verzeiht auch kleinere Unstimmigkeiten, meiner Meinung nach. Leider ist das aber auch kein Selbstläufer, wie man an diesem Produkt sieht.

Bei Cleveland stimmt zudem aus meiner Sicht das Preis-Leistungsverhältnis nicht, es gibt einige Kritikpunkte die wirklich nachgebessert werden sollten: Der Flughafen wirkt lieblos ohne viele Details. Zudem gibt es keine eigenen Animationen oder dynamischen Verkehr. Und auch von der Größe her ist der Preis nicht angemessen: Hopkins-International ist nur ein mittelgroßer US-Airport, der im Passagiersegment nur noch von Jets mit maximal der Größe einer B737-900 angeflogen wird. Erhielte man, wie zum Beispiel bei Manila oder Salt Lake City ein erweitertes Stadtgebiet dazu, so wäre der Preis aus meiner Sicht eher gerechtfertigt.

Lohnenswert ist der Flughafen für Fans der Gegend um die großen Seen und von PACSIM Produkten trotzdem. Er bietet die Möglichkeit für kleine Shuttle-Flüge (sehr gut mit dem CRJ fliegbar) nach Detroit, Chicago, Toronto, Minneapolis, Buffalo, u.v.m. . Ebenfalls ist er in vielen Flugplänen von US-Fluglinien noch im Programm.

Da der Flugverkehr der allgemeinen Luftfahrt aber zum großen Teil über den Lakefront Airport abgewickelt wird, ist er für diese Piloten eher uninteressant. Gleiches gilt für Kapitäne die Langstreckenflüge suchen oder Gelegenheitspiloten, die nur einen einmaligen Besuch planen.

Informationen

Pro Contra
  • sehr gute Performance (mit Aerosoft US-Cities langsamer)
  • gelungene Atmosphäre im Anflug bei Tag und Nacht, durch gute Einbettung in die Standard-Szenerie
  • alternativlose Umsetzung dieses US-Flughafens der mittleren Größe
  • nur der Flughafen enthalten
  • flache, lieblose Fototapete im Westen des Flughafens
  • zu sterile, saubere Texturen auf Rollwegen, Vorfeldern und Gebäuden, Gebäude wirken zum Teil wie aus Zeiten von FSX.
  • Mesh-Fehler
  • Nachtbeleuchtung
  • Preis
Informationen Testsystem

 

  • Intel i7-8700K @ 3,2 Ghz
  • 32GB DDR4-Ram
  • Geforce RTX 3060Ti
  • Windows 10 64Bit
  • Prepar3D v 5.1

 

Michi Joerg

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Sparks82
Sparks82
2 Jahre zuvor

Vielen Dank für diese ehrliche und aufschlussreiche Bewertung! Ich bin froh, dass nicht nur ich die Mängel der PacSim-Szenerien gerade bei Nacht auch als solche wahrnehme. Liest man sich aber die Kommentare vieler Simmer im Internet durch, möchte man meinen, dass sie PacSim einfach nur aus alter Gewohnheit loben, nie aber mal näher bei ihren jüngeren Szenerien hingesehen haben, geschweige denn sie auch mal bei Nacht benutzt haben. Derart eklatante handwerkliche Mängel Marke FSX-Ära sollten im Jahr 2021 echt nicht mehr sein – und schon gar nicht für einen solchen stolzen Preis.

Diese Bewertung bestätigt für mich einmal mehr, dass Incheon die erste und letzte PacSim-Szenerie sein wird, die ich mir zugelegt habe. Es sei denn, PacSim schafft sich endlich einmal Know-How drauf, wie man Nachtdarstellungen ansprechend und zeitgemäß umsetzt. Und auch die Autogen- und Meshfehler müssen echt nicht sein. Stand jetzt hat dieses Entwicklerstudio jedenfalls den Lauf der Zeit verpasst.