Es gibt mit Ausnahme der “Altiports” wie Courchevel, L’Alpe de Huez, Megéve, Meribel und Peyresourde-Balestas fraglos keinen schwierigeren Airport als den von Innsbruck im Inntal rund 30 Kilometer südöstlich der Zugspitze in den Alpen. Die schwierigen Anflüge haben ihm den Beinamen “Kai Tak Europas” zugetragen. Kürzlich wurde er nach 2022 zum zweiten Mal für den MSFS erstellt. Nach Jarrad Marshall für Orbx von den Designern bei iniBuilds. Schauen wir ihn uns an – zunächst wie üblich ein Blick auf die Realität…
Innsbruck
Innsbruck (…abgeleitet von “die Brücke über den Inn” und im bairisch-österreichischen Dialekt “Innschbrugg” ausgesprochen) ist die Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol. Rund 133.000 Menschen leben hier im gut 700 breiten und teils tiefen Tal des Inns umgeben von bis zu 2.000 Meter hohen Bergen. Die Landeshauptmannschaft unter Landeshauptmann (Ministerpräsident) Anton Mattle von der konservativen Östereichischen Volkspartei (ÖVP) residieren in der Stadt.
Die erste Besiedlung der Gegend geht bis auf die Jungsteinzeit zurück. Zum Schutz der Handelsroute Verona – Brenner – Augsburg legten die Römer um 15 vor Christus im heuigen Ortsteil Witten einen Militärposten an. Im 11. Jahrhundert errichten die Grafen von Andechs in der Nähe bei St. Nikolaus einen Markt.
Heute ist Innsbruck wirtschaftliches, kulturelles, Medien- und Bildungszentrum des Bundeslandes. Nicht zu vergessen der Sport mit Skispringen und Snowboard-Wettbewerben auf der weithin gut sichtbaren Bergiselschanze www.bergisel.info. Innsbruck ist zudem ein bedeutender Verkehrsknoten für die Eisenbahn und den Straßenverkehr von und nach Italien via der Brenner Autobahn A 13 mit der 700 Meter langen sowie gut 190 Meter hohen Europabrücke sowie dem Flughafen im westlich gelegenen Ortsteil Kranebitten.
Flughafen Innsbruck
Die Geschichte des Platzes geht auf einen Beschluss der Tiroler Landesregierung im Jahr 1920 zurück, aufgrund dessen im östlichen Ortsteil Reichenau ein Flugfeld errichtet und am 1. Oktober 1925 eröffnet wurde. 1946 beschloss die französische Besatzungsregierung, einen größeren Platz auf der Ulfiswiese der Höttinger Au im Ortsteil Kranebitten zu bauen. Dieser wurde am 15. Januar 1948 in Dienst gestellt.
Immer wieder wurden Teile des Airports www.innsbruck-airport.com mit den IATA- und ICAO-Bezeichnern INN und LOWI umgestaltet, neue Gebäude und Hangars erstellt wie der Tower im Jahr 1990, das Luftfrachterminal im Jahr 1994 und das Luftrettungzentrum (ICAO-Code LOJO) des Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring Club (ÖAMTC) www.oeamtc.at mit dem Rettungshubschrauber Christophorus 1 im Jahr 2005. Insgesamt ist allerdings der bauliche Status und das Ausehen des Platzes gleich geblieben.
2018 wurde der Neubau des Terminals und eines Airport-Hotels beschlossen. Wegen der Corona-Pandemie wurden die auf 100 Millionen Euro gerechneten Pläne zunächst aufgegeben, sollen aber in den kommenden Jahren erneut aufgenommen werden. 2021 wurden die Stand- und Rollflächen generalsaniert.
Gleich geblieben ist auch die einzige Asphaltbahn 08/26 mit eigentlich 2.000 mal 45 Metern. Im Zuge einer wegen geforderter längerer Sicherheitstrecken notwendig gewordenen (zweiten) Innverlegung im Westen der Bahn um 80 Meter wurde die Bahn von 2002 bis 2009 für Starts nach Westen und Landungen nach Osten um 60 auf 1.940 Meter verkürzt.
Die Lage im Inntal und die nahe aufragenden Berge machen spezielle An- und Abflugverfahren nötig. In Betrieb sind aktuell von allem PNP-Verfahren und der (SPECIAL) LOCALIZER DME EAST, die für die 26 am NDB RATTENBERG RTT 303 kHz rund 26 nautische Meilen (NM) nordöstlich des Airports auf dem gleichnamigen Berg östlich der gleichnamigen Ortschaft mit 1.868 Metern Höhe beginnen und die Fehlanflugverfahren zur 08 enden.
Für den (SPECIAL) LOCALIZER DME EAST wurde der Gleitwegsender (3,7 Grad Neigungswinkel) direkt östlich des Taxiways BRAVO und der Landekurssender OEV 111,1 MHz südlich der Bahnmitte auf Kurs 254 Grad errichtet. Damit weist dieser einen Offset von drei Grad zur Bahnausrichtung von 257 Grad auf. Es gibt je nach möglichem Steigwinkel anfliegender Flugzeuge vier Fehlanflugpunkte, an dem Landungen nach Sicht fortgesetzt werden müssen. Sie liegen zwischen 3,5 und 7,5 NM östlich des LOCALIZERS.
Die 26 wurde mit zwei Seitenblitzern, den so genannten Runway End Identfier (REIL), einem optischen Precision Approach Path Indicator (PAPI) sowie einer Anflugbefeuerung ausgestattet. Als Alleinstellungsmerkmal beginnen deren Blitzlichter in eine Entfernung von 4,9 (!) Kilometern auf den Dächern der Innenstadt von Innsbruck und enden 600 Meter vor der Schwelle der 26. Den Rest des Weges übernehmen Dauerstrahler.
Zu den spezeillen Anflugverfahren siehe den Link zu Flugnavigationskarten weiter unten. Den bis vor einigen Jahren bestehenden Anflug LOC DME WEST vom (abgebauten) NDB KUHTAI KTI per LOCALIZER OEJ 109,70 MHz mit Standort nördlich der Ortschaft Wattens auf die 08 exitiert nicht mehr – das NDB im westlich vin Innsbruck gegelgenen Wintersprotort Kühtai wurde mittlerweile abgebaut. Der Anflug wurde durch RNP-Verfahren ersetzt.
Auf dem Vorfeld vor dem Terminal gibt es keine markierten Parkpositionen. Geparkt wird, wo ausreichend Platz für die ankommenden Flieger ist. Das bedingt die Abwesenheit von Visual Docking Guidance Systemen (VGDS) und die Anwesenheit von mehr oder weniger gut beschäftigen Marshallern.
Apropos Beschäftigung – hier die Zahlen von 2022 und 2023:
Zahlen 2022 laut Statistik Austria
Passagiere 721.412
Fracht –
Flüge 7.450
Zahlen 2023 laut airportzentrale.de
Passagiere 906.655
Fracht –
Flüge 8.740
Simulation
Innsbruck war schon seit dem Jahr 2008 im Fokus ausgemacht guter Designer: Johannes “Gianni” Kimla machte mit seinem Team und seinem Label “Gianni’s World” im Juni 2008 den Anfang mit dem Project LOWI 2008 für den FS 2004 – als Freeware.
Im April 2009 folgt vom gleichen Label “Approaching Innsbruck” für FS 2004, die als Payware von Aerosoft herausgegeben wurde – siehe FS MAGAZIN 4/2009. Im März 2010 war “Approaching Innsbruck” für den FS X an der Reihe, die ebenfalls als Payware bei Aerosoft aufgelegt wurde.
Orbx brachte im März 2017 die Payware von Jarrad Marshall als “LOWI Innsbruck Airport” für FS X, FSX:SE und P3D v1 bis v4 – später auch v5 – heraus. Siehe FS MAGAZIN 4/2017. Die Adaption auf den MSFS folgte im September 2021.
Auch JustSim war in Sachen LOWI aktiv und das als einziges Label auch für den X-Plane. Hier die Liste der Payware-Veröffentlichungen, die insgesamt nicht an die (kontemporäre) Designqualität und Genauigkeit eines “Gianni” oder Jarrad Marshall herankamen:
- Januar 2017 Innsbruck Airport LOWI v2 X-Plane 10/11
- Juni 2017 Innsbruck Airport Austria – LOWI FS X und P3D v2.5 bis v4
- August 2019 Innsbruck Airport LOWI v3 P3D v4.4+
- August 2019 Innsbruck Airport LOWI v3 X-Plane 11
- März 2022 Innsbruck Airport LOWI MSFS
- März 2022 Innsbruck Airport LOWI v3.1 P3D v5
iniBuilds brachte seine “inhouse” erstellte Payware im November 2024 als “Innsbruck LOWI MSFS 2020” heraus. Sie soll nun vorgestellt werden:
Der Kauf und die Einrichtung erfolgen entweder mit dem iniManager oder der SIMMARKET-App. Ein offizielles Profil für GSX Pro mitgeliefert. Eine Alternative bietet “AUA9085” bei flightsim.to an.
Beim ersten Anflug aus Osten oder Westen fällt nichts auf: Der Airport wurde nahtlos in seine Umgebung eingepasst. Gezeigt wird der “Kranebittener Strand” kurz vor der Schwelle der 08, der wegen der erneuten Verlegung des Inns 2008/2009 nach Westen entstand, um Platz für eine notwendige Verlängerung des Sicherheitsstreifens der 26 zu schaffen.
Peripherie
Westlich des Inns wurden ein Baumarkt, eine “Shoppingwelt” und ein großer Supermarkt mit zugehörigen (Bundes)Straßen sowie die Bahnstation Völs erstellt. Zugverkehr konnte nicht ausgemacht werden.
Wer vom Flughafen nach Südosten schaut, bemerkt in zehn Kilometern Entfernung einen Sender auf einem Berg – das ist der Innsbrucker “Hausberg”, der Patscherkofel. Auf auf 2.248 Metern Höhe stehen nicht nur der virtuell modellierte Radio- und TV-Sendeturm, der “Sender Patscherkofel”, sondern auch das DME PATSCHERKOFEL PAT 112,00 MHz.
Direkt an der Autobahn A 13 und nur westlich Kilometer östlich des Airports entfernt erhebt sich auch in der Simulation die Bergiselschanze. Die Designer haben sie sorgfältig erstellt und lassen einen Skispringer fliegen. Die Schanze ist in der Dunkelheit eine besondere “Schau”, denn eine sehenswerte LED-Illumination folgt dem Springer.
Im Anflug von Osten fällt die komplette Reihe von Laufblitzlichter auf, die von der City simuliert 600 Meter weiter als in der Realität bis zur Schwelle der 26 hetzen. Auf der westlichen Landseite sind das detaillierte Parkhaus und andere Gebäude zu sehen wie ein ehemaliges von Tyroelan Airways. Die Straßen wurden “ordentlich” markiert und beschildert.
Airport
Der Flughafen wird auf aktuellem Stand gezeigt mit allen derzeit dort anzutreffenden Bauten, die detailliert und realistisch texturiert umgesetzt wurden. Der Bereich für die Segelflieger von Mountain Soaring Innsbruck www.mountain-soaring.com im Norden der Bahn wurde nicht vergessen und mit einem dem Vorbild entsprechenden herrlich verrosteten Hangar versehen.
Die Bahn, die Rollwege und die Standfläche müssen den Vergleich mit dem Vorbild nicht scheuen: Alles passt einschließlich der Bodenmarkierungen und der Beschilderungen. Auf dem Apron stehen gebäudenah viele unterschiedliche Fahrzeuge. Animierter Bodenverkehr konnte nicht gesehen werden. Die Hangars westlich des Terminals und die kombinierten Hubschrauberstationen des ÖAMTC und der österreichischen Bundespolizei können sich sehen lassen.
Der Gleitwegsender und die versetzt errichtete LOCALIZER-Antenne des (SPECIAL) LOC DME East wurden korrekt aufgestellt. Das Terminal wurde innen plausibel möbliert.
Was fehlt, sind die “einfache” Aufsetzzonenbefeuerung der 26 und deren REIL. Auch die zwei Antennen des Landekurssender OEJ 109,70 MHz (siehe oben) wurden nicht als 3D-Modelle aufgestellt. Sie sind allerdings – platt – gut auf dem fotorealen Boden des MSFS nördlich der Ortschaft zu Wattens sehen.
Im Winter sehen die Vorfelder plausibel schneebedeckt aus. Dem MSFS ist zu schulden, dass die Rollwege und die Bahn viel zu sauber geräumt aussehen.
Performance und AI-Verkehr
Die Ablaufgeschwindigkeit lässt mit B737, A320 oder MD-80 der “üblich verdächtigen” Hersteller keine Wünsche offen. Der AI-Verkehrs-Injektor FS Live Traffic Liveries (FSLTL) https://fslivetrafficliveries.com macht ebenfalls keine Probleme und lässt die hier real operierenden Airlines an- und abfliegen sowie parken.
Vergleich mit Orbx’ LOWI
Gezeigt wird neben dem detaillierten Airport, der anders als bei iniBuilds auch Löschfahrzeuge umfasst, ein “Cityscape” für Innsbruck mit eigens erstellten Gebäuden, die Bergiselschanze ohne Skispringer- oder LED-Animationen, aber mit guter Nachtbeleuchtung, viele Brücken sowie statische 3D-Züge.
Die Anflugbefeuerung beginnt erst am Flughafengelände und nicht bereits über Stadt. Das war zum Zeitpunkt des Desings mit MSFS nicht zu machen. Der Patscherkofel ist bei Orbx “flach” ohne Sender und auch dieses Label zeigt die beiden Landekursssender OEJ 109,70 MHz nicht.
Die Airport-nahen Straßen auf der Landseite werden von iniBuilds “solider” gezeigt. In Sachen Airport an sich sind beide Präsentationen mit Ausnahme der bei Orbx fehlenden Terminalmöblierung trotz der zeitlichen Lücke von gut vier Jahren auf Augenhöhe.
Auf Anfrage ließ Orbx wissen, dass seine Szenerie aus Respekt vor der wiederholt herausragenden Arbeitsleistung von Jarrad Marschall, der überraschend vor rund fünf Jahren die Designarbeit einstellte, nicht geupdatet wird. Möglicherweise wird es irgendwann eine komplett neue geben…
Fazit
Für die einwandfreie Umsetzung des Airports durch die von iniBuilds wird die Silbermedaille von FS Reviews vergeben… Gold verpassen die Inhouse-Designer, weil die Stadt nicht berücksichtigt wurde, die somit immer noch ein “Pfund” für Orbx ist. Wer deren ältere Szenerie sein Eigen nennt und mit kontemporären Einschränkungen leben (und virtuell fliegen) kann, muss nicht unbedingt umsteigen!
Bert Groner
…wer mag, darf gerne: paypal.me/BertGroner
Nicht komprimierte Screenshots: https://fsmagazin.de/download/IBLOWI.7z
Verfügbarkeit: https://secure.simmarket.com/inibuilds-inibuilds-innsbruck-lowi-msfs20-(de_19570).phtml
Flugnavigationskarten
Freeware: https://eaip.austrocontrol.at/lo/241031/ad_2_lowi.htm
Flugnavigationsdaten und -karten
Payware: https://navigraph.com
Danke für Dein Review.
Leider ist einiges nicht ganz richtig:
Die einfache Aufsetzzonenbefeuerung ist vorhanden …. !
Die rabbits gehen bis zur RWY … de letzten 600m sind in 5stufen regelbar, der Rest nicht
😉
Hallo Marks22!
Autsch… Das höre oder besser lese ich zum ersten Mal. Auch die Karte von Austroontrol hier zeigt das nicht (nach meinem Verständnis):
https://eaip.austrocontrol.at/lo/241031/Charts/LOWI/LO_AD_2_LOWI_1-1_en.pdf
Kommen die Informationen von LOWI-Tower? Werde dann sofort die Designer informieren.
Merci vielmals!
Bert
Anflugbefeuerung findest bei AustroControl …
… und die einfache Aufsetzbefeuerung in Form von 3 LED bei RW26 und RW08 sind jeweils am Ende der Landemarkierungen korrekt umgesetzt.
… Auszug aus AIP LOWI
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Wow! Ich habe noch nie einen FS-Szenerie-Review gelesen, der sich extra der Geschichte der Stadt, begonnen bei den Römern, widmet!
Danke auch für den Vergleich zur OrbX-Version (die natürlich in meiner Szenerieliste aufscheint).